Fünf Oberdistelbrunner Seniorinnen haben auf den Vorschlag der pensionierten Lehrerin Pauline hin eine gemeinsame Gesundheitswoche in Unterdistelbrunn gebucht. Die Stimmung zwischen den Urlauberinnen ist aber von Beginn weg gereizt statt gelöst und heiter. Das Basenfasten bekommt nämlich nicht allen Teilnehmerinnen gleich gut, denn fast leere Teller sind nicht jedermanns (oder jederfraus) Sache. Da kann das wenige, was drauf liegt, noch so appetitlich präsentiert werden. Insbesondere Paulines Nachbarin und Freundin Berta hat ihre liebe Mühe mit den angebotenen Portionengrössen. Dem allgemeinen Wohlbefinden zusätzlich abträglich ist das Auffinden des ersten Toten im Gesundheitsressort. «Nichts Gutes zum Essen, aber einen toten Mann zum Abendessen» heisst es dazu lapidar im Krimi. Und natürlich geht sofort die Angst um, man könnte selber auch vergiftet werden.
Einzelne der Urlauberinnen suchen und finden Wege, die ständigen Hungergefühle einzuschränken. Diese offensichtlichen Geheimnisse stellen die Freundschaft von Pauline und Berta auf den Prüfstand. Als es dann aber nicht mehr nur um Magenknurren, sondern um Magenauspumpen geht, werden die Ferien abgebrochen. Nur um daheim festzustellen, dass die Sicherheit damit noch lange nicht wieder hergestellt ist, sondern das Unheil mit nach Oberdistelbrunn gekommen ist.
Wie der Buchtitel andeutet, führt die Liebe in all ihren Facetten (auch tödlichen) als roter Faden durch die Lektüre. Sogar pflanzliche Gefühle spielen eine Rolle. Die Mitsechzigerin Pauline ist etwas neidisch auf die frische Verliebtheit ihrer Nachbarin und Freundin Berta, die gerade auf Wolke sieben schwebt. Doch als geborene Pessimistin, tröstet sich die Pädagogin mit dem auf Erfahrung basierenden Wissen, dass die Schmetterlinge nicht solange flattern, wie Paar-Jahre mit ungeliebten Haushaltpflichten Bestand haben. Der Ehemann von Pauline kann einem zuweilen tatsächlich ziemlich leidtun und die Sofagärtnerin kommt oft nicht umhin zu überlegen, warum die beiden eigentlich noch verheiratet sind (und hoffen, dass der Grund nicht nur in den Kochkünsten der Gattin liegt).
Dieses Buch ist bereits der vierte Gartenkrimi von Klaudia Blasl und der zweite in der Reihe um die pensionierte Lehrerin und Ich-Erzählerin Pauline. Die Autorin verfügt über ein schier unerschöpfliches Wissen über Giftpflanzen, das sie in ihren Kriminalromanen freigibig einbringt und von dem in der Reihe «Gärten, Gift und …» insbesondere die Pädagogin im (Un-)Ruhestand profitiert. Der giftig grüne Hintergrund in den Gartenkrimis kombiniert mit schwarzen Humor trifft wie der immer auf den wunden Punkt zielende Schreibstil der Autorin genau meinen Lesegeschmack.
Die Handlung ist vom ersten bis zum letzten Satz logisch durchdacht aufgebaut und gegen den Schluss lösen sich alle grossen und kleineren Rätsel auf. Es bleibt die Erkenntnis, dass gute Absichten nicht zwangsläufig zu einem guten Ende führen müssen und einem das Gewissen arg plagen kann. Die von der Leserin liebgewonnenen grauhaarigen Dorfbewohnerinnen im Herbst des Lebens kombinieren aufgrund ihrer Reife und dem toxischen Fachwissen von Pauline schneller und folgerichtiger als der cholerische Kommissar mit seinen zerkauten Bleistiften und der SOKO Heckenschnitt. Zur Lesefreude trägt auch massgeblich der unkonventionelle Blick aus vorurteilsfreier Perspektive von Paulines jungem Neffen Vincent zu, der die Dorfgemeinschaft und das Leben von Tante Pauline und Onkel Fred nicht nur durch das Tragen von Frauenkleidern aufmischt. In die Lektüre eingebeetet sind immer wieder Gartentipps und ihre Folgen, wie etwa durch Zimtpulver rostig aussehende Kohlrabi und nach Weihnachten schmeckenden Frühkartoffeln. Im Anhang findet die Leserin detaillierte Informationen zu den im Krimi eingesetzten Giftpflanzen, allen voran Heckenpflanzen wie Thuja, Eibe und Kirschlorbeer.
Ich rechne hoffentlich nicht vergebens damit, dass die Krimireihe fortgesetzt wird und ich schon bald wieder ein paar spannende Lesestunden mit den inzwischen vertrauten Charakteren aus Oberdistelbrunn verbringen kann.
Klaudia Blasl:
Gärten, Gift und grosse Liebe
Emons Verlag, 2024
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.
Während meiner Blogpause hat sich einiges geändert im Internet. Als ich 2023 wieder unter neuer Webadresse mit Bloggen angefangen habe, habe ich schnell festgestellt, dass die im WordPress-Kurs erhaltene Info, die Kommentarfunktion unbedingt zu blockieren, tatsächlich gerechtferigt ist, da der Blog ansonsten mit Spam überschwemmt wird. Der Nachteil ist natürlich, dass nun statt selten gar keine Kommentare mehr direkt im Blog hinterlassen werden. Ich kopiere deshalb wieder einmal einen aus Facebook hier rein. Klaudia Blasl hat dort folgende Zeilen gepostet, über die ich mich sehr gefreut habe (Zitat): «Und noch ein Tipp für alle Gartenfreunde und Leseratten – der Blog Die Sofagärtnerin. Hier wird eine phantastische Auswahl an Büchern, Krimis und Blogs über Pflanzen und Natur geboten und ebenso informativ wie wortgewaltig beschrieben. Dank ihr habe ich selbst schon einige botanische Juwelen in Buchform entdeckt, von denen ich sonst nie erfahren hätte >3»