Gartenenthusiasten finden im Südwesten der quirligen englischen Hauptstadt bekannte hortikulturelle Ausflugsziele wie Kew Garden und noch etwas weiter ausserhalb RHS Wisley Garden. Während unserem letzten Aufenthalt in London führte uns ein Abstecher in den im Norden liegenden, erst 1888 eingemeindeten Stadtteil Hampstead, der sich bis heute seinen dörflichen Charme bewahrt hat.
In einem weitläufigen Park verborgen, liegt versteckt ein Bauwerk, das trotz seinem Namen «Hill Pergola» wenig gemeinsam hat mit von Glyzinien oder anderen Kletterpflanzen berankten Konstruktionen, die für die lauschige Umrahmung von Sitzplätzen sorgen. William Hesketh Lever, der 1. Viscount Leverhulme und vermögender Seifenfabrikant, wollte sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit diesem aussergewöhnlichen Objekt auf seinem Anwesen ein Vermächtnis setzen. Mit Plan und Ausführung wurde der bekannte Landschaftsarchitekt Thomas Mawson beauftragt.
Für die Geländemodellierung der erhöhten Gärten und die Errichtung der spektakulären Pergola war eine riesige Menge an Material notwendig. Da zur gleichen Zeit die U-Bahnlinie vom Stadtzentrum nach Hampstead verlängert wurde, konnte der Aushub von dieser nicht weit entfernten Riesenbaustelle einem kostengünstigen neuen Zweck zugeführt werden. «Hill Pergola» diente während rund zwei Jahrzehnten als Schauplatz für Vergnügen der oberen edwardianischen Gesellschaft. Nach dem Tod von Lord Leverhulme im Jahr 1925 verfiel die ganze Pracht. Etliche Besitzerwechsel später wurde das Bauwerk in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts umfangreich restauriert und ist nun in seiner Einzigartigkeit öffentlich zugänglich.
Während unseres Besuches im letzten Frühling zogen tatsächlich die gerade überreich weiss blühende Glyzinien die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Abstecher in den Park lohnt sich aber bestimmt auch zu einer anderen Jahreszeit. Der Spaziergang durch die fast unendliche Pergola vorbei an Dutzenden mit den unterschiedlichsten Kletterpflanzen umrankten Säulen und Bögen eröffnet laufend neue herrliche Ausblicke in alle Richtungen.
Neben unserer Reisegruppe waren fast keine anderen Besucher in der Pergola und das beeindruckende Überbleibsel von Reichtum und Dekadenz präsentierte sich als ruhiger, stimmungsvoller Ort. Auch die Gärten selber sind einen Rundgang wert. Hier locken etwa Teiche und besondere Gehölze und es lohnt sich auch ein Blick zurück auf die riesige Dimension der Pergola aus einer anderen Perspektive.
(Dieser Artikel ist in der Ausgabe Winter/Frühling 2024 des Vivace, der Mitgliederpublikation der Gesellschaft Schweizer Staudenfreunde GSS, erschienen)
