Die Staudengärtnerei Rödelsee

Die Staudengärtnerei in Rödelsee

Im letzten Oktober reisten wir spontan für ein paar Tage nach Rothenburg ob der Tauber. An Tipps zu Sehenswürdigkeiten in und um diese mittelalterliche Stadt mit einer langen Geschichte und weitgehend gut erhaltenen, begehbaren, von imposanten Türmen unterbrochenen Stadtmauern mangelte es nicht. Aber keine meiner angeschriebenen Gartenreisebekannten aus Süddeutschland konnte ad hoc eine gute Gärtnerei am Wegrand empfehlen und weder das Internet noch die konsultierten Gartenbücher waren hilfreicher.

So fuhren wir an einem goldenen Herbsttag Richtung Norden und ich hatte mich darauf eingestellt, dass diese Herbstreise aus hortikultureller Sicht wohl eher enttäuschend sein würde und genoss umso mehr die schon deutlich weiter fortgeschrittene tolle Herbstfärbung der Gehölze entlang der Strassen ennet der Grenze.

Die Staudengärtnerei Rödelsee

Die HortikulTouristin kann es natürlich auch unterwegs nicht bleiben lassen, sich durch Instagram vom Sofagärtnern abhalten zu lassen. In der riesigen Bilderflut fielen mir stimmungsvolle Herbstbilder aus einer Staudengärtnerei («Die Staudengärtnerei») in Bayern auf, über die ich schon wiederholt gelesen hatte. Dank Internet fand ich auch umgehend heraus, dass der Hinweg (fast) nicht weiter als ein Katzensprung war und sich gut mit anderen Plänen kombinieren liess.

Die Hälfte der aus zwei Personen bestehenden Reisegesellschaft interessiert sich gar nicht für Stauden. Leider auch nicht für solche, die ihre Wurzeln durch eine dicke Sandschicht in die Erde stecken dürfen. Unser erstes Tagesziel war deshalb der Schwanberg. Auf einer leichten Tour folgten wir zu Fuss den Spuren der Kelten. Inmitten von unzähligen Bäumen ging es an einem Birkensee und zwei Keltenwällen vorbei, durch einen Friedwald und schliesslich zum englischen Landschaftspark des barocken Schlosses Schwanberg.

Bis zur Staudengärtnerei von Fine Molz und Till Hoffmann in Rödelsee war es dann nicht mehr weit. Als erstes Ziel steuerte ich die gegenüber dem Eingang liegenden Pflanzungen an. Leuchtend gelbe Röhrensterne, lila Astern sowie rote Wolfsmilch in Kombination mit weissen Birkenstämmen, vertrockneten Samenständen und unterschiedlichen Gräsern sind zu einer dynamischen, fabelhaft strukturierten Komposition verwoben. Beeindruckend wie schön farbig der Herbst sein kann, besonders in Anbetracht des heissen, trockenen Sommers.

Die Staudengärtnerei Rödelsee

 

Die Inhaber legen den Schwerpunkt auf dauerhafte Pflanzungen mit pflegereduzierten Anforderungen, die mit den Herausforderungen des Klimawandels zurechtkommen. Die Bedürfnisse der einzelnen Pflanzen werden genau analysiert – was können und was wollen sie? Basierend auf Erkenntnissen aus den Zuordnungskategorien Blütenfarbe, Jahreszeit, Standort und Strategietyp und natürlich aus Erfahrungen der zuletzt sehr heissen und trockenen Sommer erfolgt die Pflanzenverwendung.

 

 

Die Staudengärtnerei RödelseeGut und gerne hätte ich es in diesem gestalteten Bereich noch länger ausgehalten, doch ein kurzer Blick auf die Uhr lenkte mich Richtung Verkaufsfläche. Irgendwie habe ich dann die Zeit ein wenig vergessen, da meine auf dem Smartphone abgespeicherte «ewige» Wunschliste beim Schlendern durch die vielen Reihen von Versuchungen in Pflanzentöpfen mühelos verkleinert werden konnte.

Mitgenommen habe ich (neben ein paar Pflanzen) unter anderem eine vielfarbige Wolfsmilch (Euphorbia polichroma «Bonfire»), einen Röhrenstern (Amsonia Hyb. «Halfway to Arkansas» und eine falsche Alraunenwurzel (Tellima grandiflora «Rubra»). Und die Erkenntnis, die ungeordnet auf dem Handy gesammelten Links zu interessanten Gärten und Gärtnereien endlich geographisch ordnen zu müssen.

 

(Dieser Artikel ist in der Ausgabe Winter 2022/2023 des Vivace, der Mitgliederpublikation der Gesellschaft Schweizer Staudenfreunde GSS, erschienen)

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