Jackie Bennett und Richard Hanson: Die Gärten der Literaten

Wenn ich anlässlich meiner Mittagspause im nahen Einkaufszentrum feststelle, dass die Buchhandlung in der Mall wieder einmal einen Verkauf mit preisreduzierten Artikeln durchführt, gerät mein Vorsatz, keine grossformatigen Bücher mehr zu erwerben, regelmässig ins Wanken. Letztes Jahr wurde ich schwach bei «Lasst uns Beeten» von Alexandra Lehne aus dem EMF Verlag. Auf dem Umschlagbild der Publikation «Die Gärten der Literaten» von Jackie Bennett hat die Sofagärtnerin kürzlich natürlich sofort das Hermann Hesse-Haus in Gaienhofen erkannt. Fünfzehn Franken für etliche Seiten Texte und Fotos zum Lieblingsthema kann frau doch nicht stehen lassen, wenn das Buch sowieso schon lange auf der ewigen Wunschliste gestanden hat, oder?

Achtundzwanzig Schriftstellerinnen und Schriftstellern ist in alphabetischer Ordnung ein je achtseitiges Portrait gewidmet, dessen Abschluss ein zweispaltiger Absatz mit wichtigen Daten aus dem Lebenslauf des jeweiligen Literaten bilden. Geschriebenes von und über etliche Autorinnen und Autoren wie etwa Jane Austen, Agatha Christie, Frances Hodgson Burnett, Johann Wolfgang Goethe, Hermann Hesse, Beatrix Potter, Edith Wharton oder Virginia Woolf habe ich schon oft gelesen. Andere Namen wie Jean Cocteau, Belle van Zuylen oder William Wordsworth waren mir weniger oder gar nicht bekannt. Und auch die hortikulturellen Bezüge von beispielsweise Tania Blixen, Leo Tolstoi und Ëmile Zola waren mir nicht bewusst.

Etliche der vorgestellten Gärten lassen aufgrund er Grösse der Grundstücke und der Immobilien auf überdurchschnittlich gute finanzielle Verhältnisse der Besitzer schliessen. Jackie Bennett erläutert, dass sich nicht alle Schreiberlinge die Hände selber schmutzig machen wollten oder auch mussten. Zweck und Nutzen des grünen Reichs waren so unterschiedlich wie die Schreibstile der Literaten. Der eine suchte körperliche Betätigung als Ausgleich zur Schreibtischzeit, anderen diente der Garten zur Selbstversorgung mit Gemüse und Obst oder als tröstlicher Ort zur Verarbeitung von schweren Schicksalsschlägen, die sich dann wie bei Frances Hodgson Burnet (Der geheime Garten) auch in den Texten niedergeschlagen hat.

Beatrix Potter (Peter Rabbit) ist auch heute noch bekannt für ihre Tiererzählungen. Sie hat sich erst im Alter von neununddreissig Jahren von ihren Eltern abgenabelt, konnte aber bereits dannzumal aus den Einnahmen ihrer Buchverkäufe ein Farmgebäude samt vierzehn Hektaren Land kaufen. Ein Teil ihres hortikulturellen Vermächtnisses ist heutzutage ein Nationalpark. In ein Naturreservat umgewandelt wurde das Anwesen Rungstedlund von Tania Blixen (Jenseits von Afrika).

Edward James wiederum pflegte in Mexiko jahrelang seine Orchideenobsession. Drei Tage Schneefall und eine aussergewöhnliche Kälte zerstörten die Sammlung. James liesss sich nicht beirren und ersetzte zarte Orchideen durch allfälligen Naturgewalten einfacher trotzenden Beton. Mit diesem Material schuf er im Regenwald surrealistische Skulpturen, Türme und andere Bauten (Jardín Escultórico Edward James, Las Pozas)

William Faulkner liebte den Wald mehr als Gärten und Henry James, ein Autorn von Romanen, Theaterstücken und Essays mit dem Beinamen «der Meister» liess gärtnern, da er selber eine Dahlie nicht von einer Reseda unterscheiden konnte. Der Garten von William Wordsworth war schon mehrfach einer Zerstörung nahe. 1937 sollte er einem Busdepot weichen, wurde gerettet, aber jahrelang wuchs nur Rasen. 2004 erfolgte eine Restauration, doch in den letzten zwanzig Jahren wurde er zweimal überflutet. Und es ist anzunehmen, dass beim nächsten Hochwasser eine weitere Überschwemmung erfolgt.

Viele der beschriebenen Gärten wurden während vielen Jahren vernachlässigt, bevor sie durch engagierte Institutionen oder Privatpersonen restauriert und dem Publikum (wieder) zugänglich gemacht worden sind. Soweit möglich werden sie oft heute noch im Sinne der meist längst verstorbenen Literaten gepflegt. Selbstredend an die heutigen Bedürfnisse und Ansprüche angepasst, etwa hinsichtlich jahreszeitlich passender Höhepunkte.

Im Anschluss an die Portraits sind die Gärten samt Adressen, eine Bibliografie aufgeführt und ein ausführliches Register gelistet. Einen einzigen der portraitierten Gärten habe ich mit eigenen Augen gesehen (Gartenhaus an den Ilm-Wiesen in Weimar von Johann Wolfgang Goethe). Die Chancen stehen gerade nicht sehr schlecht, dass es nächstes Jahr mit dem Wandeln (oder eher Wandern) auf den Spuren von Jane Austen klappen könnte.

 

Jackie Bennett (Text) / Richard Hanson (Fotos):
Die Gärten der Literaten
Gerstenberg Verlag, 2024

 

Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.

 

 

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