Rapperswil ist bekannt als Rosenstadt am Zürichsee. Obwohl im Krimi «Macht, Mord und Gartenzwerge» von Rahel Urech die stacheligen Schönheiten keine Bedeutung haben, lohnt sich ein hortikultureller Blick in die Lektüre. Eine Rolle spielen eben ein solcher tönerner Geselle mit roter Zipfelmütze und einer Axt, der mit blauen Knopfaugen stumm droht, sowie die Familiengartenanlage Holzwies, die durch eine Strasse in die Teile Ost und West geteilt wird. Zu den tadellos gepflegten Beeten mit Kopfsalat, Mangold und Zucchetti passen die Überbleibsel einer Kettensägeattacke wie die Faust aufs Auge. In einem anderen Quartier machen sich zwei Nachbarn seit dem Tag des Kennenlernens das Leben schwer. Streitgründe gibt es deren viele. Einer geht auf die Nicht-Kompatibilität von Wildgarten und Hochdruckreiniger zurück.
Ein Schrebergarten in der Anlage Holzwies soll neu verpachtet werden, weswegen auf der betreffenden Parzelle ein Betonklotz aufgespitzt wird. Während dieser Arbeiten wird eine darin eingemauerte weibliche Leiche entdeckt. Das Einbetonieren klassiert Andy Lutz, Ermittler bei der Kriminalpolizei St. Gallen, als dilettantische Arbeit. Lutz hat nach drei Monaten seine Frühpensionierung rückgängig gemacht. Nun möchte er eigentlich seiner Lebenspartnerin nachreisen, die bereits in Griechenland ist. Aus dem Urlaub wird aber nichts.
Neben den beiden Gewaltakten Vandalismus und Mord im Familiengartenareal kommen zuckende Menschen, die parkinsonähnliche Symptome aufweisen, die vermutlich auf Drogenkonsum zurückzuführen sind. Dann gibt es da noch ein rotes Heft mit Notizen über eingeforderte und getane Gefallen, Schmiergelder und grenzwertige oder illegale Vorkommnisse. Die Leserin bekommt jeweils bei Kapitalbeginn Einblick in dieses kreative oder erpresserische Geben und Nehmen.
Viel Arbeit also für Andy Lutz und den jungen Ermittler Ruben Schmidt, der ihn unterstützen soll. Letzterer wird über die Mehrzahl der Seiten sehr ungeschickt dargestellt und bekommt erst gegen Ende des Buches die Möglichkeit, ein paar Sympathiepunkte zu ergattern. Wie alle diese parallelen Handlungsstränge zusammenhängen und welche Rapperswiler Kreise involviert sind, zeigt sich erst ganz am Schluss und ist einigermassen überraschend. Genauso wie (im übertragenen Sinn) die Herkunft der Wurzeln allen Übels bzw. der Zeitpunkt von Aussaat und Keimung der Samen, für all diese Verbrechen. .
Rahel Urech:
Macht, Mord und Gartenzwerge
Harper Collins, 2024
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.
