Lea Santana: Die Orchideenfrauen

Haben Sie auch schon staunend die dicht an dicht aufgehängten botanischen Gemälde von Marianne North (1830 – 1890) in der nach ihr benannten Gallery in Kew Garden (London) bewundert? Im Prolog dieses Romans hat die begabte viktorianische Malerin einen kurzen Auftritt. Auch die die zweiundsiebzigjährige Annabel Oxley ist eine begnadete Künstlerin mit Spezialgebiet botanische Illustrationen. Die Frau lebt alleine in einem abgelegenen Haus an der kornischen Küste, fühlt sich aber völlig geborgen inmitten ihrer wunderschönen Orchideensammlung. Allerdings zwingen sie Geldsorgen, ihr Daheim zu verkaufen.

Die siebenundzwanzigjährige Immobilienmaklerin Holly Greenwood fährt im Auftrag ihres Arbeitgebers von einer entfernter gelegenen Stadt nach Cornwall, um dieses Haus zu begutachten und Fotos für die Verkaufsdokumentation anzufertigen. Das Haus soll nur an einen Interessenten verkauft werden, der den Wintergarten samt den exotischen Pflanzen übernimmt. Holly weiss, dass diese Bedingung weder bei potentiellen Käufern noch bei ihrem Vorgesetzten Freude auslösen wird. Doch als sie die farbenprächtigen Orchideen der Besitzerin sieht und auch einen Blick auf die gemalten Kunstwerke von Annabel werfen kann, kann sie die Gründe zumindest nachvollziehen.

Die beiden Frauen sind sich zunächst nicht gerade grün. Verschiedene Vorkommnisse führen jedoch dazu, dass die frisch getrennte Holly und Annabel gemeinsam nach Italien fahren. Holly verspricht sich Ablenkung von Gedanken an ihren treulosen Ex-Freund und vielleicht lassen sich Annabels finanzielle Probleme durch den Verkauf von wertvollen blauen Orchideen aus der Welt schaffen. Aus der anfänglichen Zweckgemeinschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Frauen, die Mutter und Tochter sein könnten, entwickelt sich im Laufe der Reise und des Aufenthalts in Ligurien eine gewisse Sympathie.

Es stellt sich heraus, dass Annabel eine italienische Vergangenheit hat, welche die blauen Orchideen und einen Orchideenzüchter einschliessen. Der jungen Annabel begegnet die Leserin in der zweiten Zeitebene des Romans, die im Sommer 1968 spielt. Weitere Stichworte sind zwei italienische Schwestern, ein Bruder, ein schöner Garten samt Orchideensammlung der verstorbenen Mamma und weitere Geldsorgen. Dann gibt es noch einen anderen Orchideenzüchter mit recht seltsamen Wertvorstellungen und vielen Schwächen.

«Die Orchideenfrauen» ist das dritte Buch einer Reihe über Frauen, die nicht nur träumen, sondern den Mut haben, diese auch wahr werden zu lassen. Es sind keine Fortsetzungsromane, sondern voneinander unabhängige in sich abgeschlossene Geschichten mit jeweils unterschiedlichen Protagonistinnen und Freundschaften. An den Inhalt der beiden vorherigen Bücher kann ich mich nicht mehr im Detail erinnern. In diesem Roman geht es Handlungen und ihre Konsequenzen, die Auswirkungen über viele Jahrzehnte haben können und ums Verzeihen. Die titelgebenden Orchideen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Ich schätze die Bücher von Lea Santana sehr. Die Ursachen der unvermittelten Wendung in der Geschichte von Annabels erstem Italienaufenthalt in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dünkt mich ziemlich arg konstruiert.

 

Lea Santana:

Die Orchideenfrauen

Lübbe Verlag, 2024

Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.

 

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