Die Ehe von Valentina bröckelte schon eine ganze Weile und sie hat sich vorausschauend auf die Warteliste für eine Schrebergartenparzelle setzen lassen. Zeitgleich mit dem Eintritt der Rechtsraft der Scheidung kann sie ihre eigene Scholle übernehmen. Während ihr Ex- Mann nun im Burgenland Wein anbaut und keltert, macht sich Valentina Gedanken über erste grössere Gartenprojekte.
Auch ohne zusätzliche Vorhaben gibt es viel zu tun im neuen Garten, den die einundvierzigjährige Valentina samt Werkzeug und Einrichtung des Gartenhauses übernommen hat. Die Innenausstattung entspricht nicht der neuesten Mode, doch Priorität hat der Aussenbereich. Der vorherige Pächter Wiggerl ist nämlich vor etlichen Monaten spurlos verschwunden und so wuchert und blüht es auf den Beeten überall, und das nicht nur regelkonform. Während Valentina wenig praktische Erfahrung im Gärtnern hat, verfügt sie über einen umso grösseren Ehrgeiz, dieses Defizit zu beheben.
Beim Sammeln von praktischer Erfahrung ist häufig ihre beste Freundin, genannt Lerche, mit von der Partie. Anlässlich des schweisstreibenden Aushubs des geplanten Teiches gräbt Valentina die Leiche des verschwundenen Vorpächters ihrer Schrebergartenparzelle aus. Und es bleibt nicht bei einem ungewöhnlichen Todesfall. Noch höher als die Zahl der Leichen ist diejenige der Verdächtigen.
Die frischgebackene Schrebergärtnerin gräbt weiter, und zwar nicht nur mit Schaufel und Spaten, sondern in der Vergangenheit ihrer Parzellennachbarn. Unterstützt wird Valentina dabei von Friedl, die wie die anderen Parzellennachbarn deutlich älter ist als sie und schon seit vielen Jahren in der gleichen Ecke im Schrebergarten mit den gleichen Gartennachbarn gärtnert und feiert. Wiggerl war rundherum beliebt. Wer hatte ein Motiv ihn zu ermorden? Wieso geben verschiedene Gärtner an, Wiggerl zu einem Zeitpunkt gesehen zu haben, als er nachweislich bereits tot war und wer hat seine Wasserrechnung bezahlt, als er schon unter der Erde lag?
Die beiden hinter allen Hecken neugierige Fragen stellenden Frauen werden auf der Suche nach dem oder den Tätern durch die Lerche unterstützt, die wegen ihrer spriessenden Bekanntschaft mit einem der ermittelnden Polizisten zuweilen über Insiderwissen verfügt. Dabei stossen die Drei auf allerlei Lügen und Geheimnisse aus der Vergangenheit.
Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut, schliesslich gibt es auf Deutsch keine allzu grosse Auswahl an neuen Gartenkrimis. Das Schrebergartenumfeld qualifiziert die Neuerscheinung zu einer perfekten Lektüre für den Sofagarten, denn für den hortikulturellen Hintergrund dieses Gartenkrimis schöpft die Autorin aus ihrer eigenen gärtnerischen Praxis. So setzt sie beispielsweise einem im eigenen Garten eingegangenen roten Mohn im Buch ein Denkmal.
Beim Lesen habe ich festgestellt, dass mir vermutlich gewisses Insiderwissen aus dem nördlichen Nachbarland fehlt, etwa die Uschi Obermaier betreffend. Im letzten Drittel des Schrebergartenkrimis ist ein Kapitel als Bühnenstück formuliert, eine Erzählform, die ich gar nicht mag. Valentina führt ansonsten jedoch als Erzählerin in Ichform durch die Lektüre. Sie fühlt sich an einer Stelle witzigerweise selber wie in einem Krimi und überlegt sich bei dieser Gelegenheit passende Buchtitel, einer eben «Nur die Wühlmaus war Zeuge». Wegen solchen Einschüben und dem humorvollen, mir zusagenden Schreibstil in Kombination mit den speziellen Charakteren der Schrebergärtner werde ich eine Fortsetzung (mit jüngeren Gärtnern?) sofort lesen.
Nur die Wühlmaus war Zeuge
Emons Verlag, 2024
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.