Colleen Hoover: Nur noch ein einziges Mal

In diesem Monat läuft die Verfilmung des Bestsellers «Nur noch ein einziges Mal» von Colleen Hoover in den Kinos an. Sowohl das Buch als auch seine ebenfalls erfolgreiche Fortsetzung «Nur noch einmal und für immer» und die Filmankündigung sind mir erst aufgefallen, als die Nachwuchssofagärtnerin mich auf den hortikulturellen Inhalt der Lektüre hingewiesen hat. Und tatsächlich haben wir beide die zwei Romane rund um die Blumenladeninhaberin Lily Bloom in wenigen Tagen begeistert gelesen.

Nomen est omen – die dreiundzwanzigjährige Lily Bloom liebt Blumen über alles und schon als kleines Mädchen war es ihr Berufsziel, einen eigenen Blumenladen zu eröffnen. Bis zur erfolgreichen Umsetzung dieses Vorhabens und der tatsächlichen Eröffnung von «Lily Bloom’s Flower Shop» in Boston hat die junge Frau ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert und etliche Traumata überwunden (oder teilweise eher nur verdrängt).

Lilys Eltern haben keinerlei private Kontakte gepflegt und sie durfte keine Freundinnen mit nach Hause bringen oder welche besuchen. Dafür hat das Mädchen als Mitglied eines Garten-Clubs für Kinder seinerzeit monatlich Wunder-Samen zugeschickt erhalten und diese eifrig gemäss Anleitung ausgesät. Gespannt wartete die kleine Lily darauf, was wohl keimen und wachsen wird. Damit wurde das Samenkorn für ihre Liebe zu Pflanzen und deren Düften gelegt und Gartenarbeiten wie das Unterarbeiten von Kompost in ihrem eigenen kleinen Gartenbeet haben ihr oft geholfen, die schwierigen Familienverhältnisse zu ertragen. Unkrautjäten diente als Ventil für ihre Wut und Traurigkeit. Von klein auf hat sie miterleben müssen, wie ihr jähzorniger Vater, der allseits geschätzte Bürgermeister der Gemeinde, die Mutter aus nichtigen Gründen verprügelte (es gibt überhaupt keine Gründe, jemanden mit Schlägen zu bestrafen – auch keine unbedeutenden!). Nie hat es die Mutter geschafft und schaffen wollen, diese toxische Ehe zu beenden und mit Lily ein neues Leben anzufangen.

Der Romananfang katapultiert die Leserin direkt in die für aussenstehende perfekt wirkende Familie Bloom. Lilys Vater ist gestorben und die dreiundzwanzigjährige Frau soll an der Beerdigung ein paar nette Worte über den Verstorbenen an die Trauergäste richten. Doch Lily hat keine Worte. Es ist nicht so, dass sie vor lauter Trauer keinen Satz herausbringt. Sie weiss schlichtweg nichts Positives über ihren Vater zu erzählen, und so schweigt sie und starrt wortlos in die Menge.

Es gibt aber durchaus auch (wenige) gute Erinnerungen an Lilys Jugend und diese hängen mit ihrer Jugendliebe Atlas zusammen, einem mittellosen achtzehnjährigen Jungen, der im Nachbarhaus Zuflucht gesucht hat. Die damals fünfzehnjährige Schülerin hat ihn heimlich mit Nahrung, Kleidern und Anteilnahme geholfen, während er sie emotional unterstützt hat. Doch ein kalter Tag im Herbst, der zunächst der schönste in Lilys Leben ist, endet in einer Katastrophe und bedeutet gleichzeitig den Kontaktabbruch zwischen den beiden jungen Menschen.

Die langjährigen Gewalterfahrungen hat Lily schriftlich in nicht abgeschickten Briefen an die Talkmasterin Ellen festgehalten. Diese Korrespondenz nimmt die Funktion einer Therapie ein und spielt in beiden Romanen eine zentrale Rolle bei den Rückblicken auf die frühere Zeitebene.

Trotz oder eben gerade wegen ihrer schwierigen Kindheit und Jugend hat sich Lily zu einer starken und zielstrebigen Frau entwickelt. Der Blumenladen läuft gut an und sie findet gleichzeitig im erfolgreichen und aufmerksamen Neurochirurgen Riley einen scheinbar perfekten Partner. Dessen Schwester unterstützt die Jungunternehmerin im Geschäft und die beiden Frauen verbringen bald auch privat viel Zeit miteinander. Lily wird sogar Patin des Töchterchens ihrer neuen Freundin, womit die Verbindung zu Riley noch intensiviert wird. Gänzlich unerwartet wiederholt sich die Geschichte von häuslicher Gewalt und Lily findet sich in der gleichen Rolle wie ihre Mutter wieder.

Die Autorin schafft es mit glaubhaften Charakteren zu fesseln. Die schwierigen Verhältnisse in den Beziehungen von Mutter und Tochter Bloom können nicht nur einfach als schlecht bezeichnet werden. Nachvollziehbar wird dargelegt, in welchem Dilemma Lily als Opfer von häuslicher Gewalt ausgesetzt ist, denn der Täter hat durchaus auch viele positive und liebenswerte Seiten. Und jeder weiss selber, wie schwierig es ist, gewohnte Verhaltensmuster zu durchbrechen und falsche Entschuldigungen von richtigen Rechtfertigungen zu unterscheiden.

Es kommt nicht mehr sehr häufig vor, dass ich bis nach Mitternacht lese, weil ich unbedingt erfahren will, wie ein Buch ausgeht. Meistens halten mich der Gedanke ans Klingeln des Weckers um kurz nach fünf Uhr und die Müdigkeit davon ab. Doch diese beiden Colleen Hoover-Bücher waren jegliche Mühe beim Aufstehen und jedes Gähnen wegen Schlafmanko wert. Und nun bin ich gespannt, ob die Romanverfilmung mich auch gleichzeitig begeistert und erschüttert. Und vielleicht schaue ich mir auch gleich «Findet Nemo» wieder einmal an. Warum finden Sie heraus, wenn Sie die beiden Bücher selber lesen.

 

Colleen Hoover:

Nur noch ein einziges Mal
dtv Verlagsgesellschaft, 2017

Nur noch einmal und für immer
dtv Verlagsgesellschaft, 2022

Film «Nur noch ein einziges Mal», 2024
Regie: Justin Baldoni
Besetzung: Blake Lively, Justin Baldoni, Jenny Slate

Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.

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