Die Schiffsärztin Miriam Halder lebt im Jahr 2074 weit entfernt von ihrem Heimatplant Erde, auf dem verschollenen Raumschiff «Hope», das vor sechsundzwanzig Jahren vom ausserirdischen Volk Yhuru auf einem Erkundungsflug weit ins All gezogen worden ist, womit jeder Kontakt zum heimischen Trabant und Versorgungsflüge verunmöglicht wurden.
Während zwanzig Jahren diente die mittlerweile schrottreife «Hope» als Touristenattraktion für die Bewohner von Yhuru. Doch inzwischen existiert die Raumstation nur noch, weil ein Junge namens Trak schwer herzkrank ist und auf die Wirkstoffe aus den im Heilpflanzengarten gezogenen roten Fingerhüten und die medizinischen Fähigkeiten von Miriam angewiesen ist.
Als der kleine Weltall-Garten wegen Vandalismus brennt, werden alle für die Behandlung des jungen Yhuru notwendigen Digitalis-Pflanzen zerstört und es gibt auch keine Samen mehr, die ausgesät werden könnten. Um die letzte Chance zu nutzen, das Leben seines Sohnes zu retten, stimmt Traks Vater einem Flug der «Hope» auf die Erde zu. An Bord sind Miriam, Trak und ein Yhuru. Sinn und Zweck der Reise ist es, mehrere Digitalis purpurea zu sammeln und rasch möglichst wieder ins All zurückzukehren.
Auf Miriams Schultern ruht eine riesige Last, doch sie ist zuversichtlich, die Aufgaben rasch erfüllen und wieder umkehren zu können. Doch schon die Landung der altertümlichen «Hope» geht nicht reibungslos von Statten und natürlich wecken die Ausserirdischen und das Raumschiff sofort die Aufmerksamkeit von Menschen, nicht nur im positiven Sinn. Das Leben auf der Erde hat nicht mehr viel gemein mit dem Alltag aus Miriams Erinnerungen. Die Weltbevölkerung auf dem unwirtlich gewordenen Planeten ist deutlich reduziert, denn die Klimaveränderung und damit einhergehende Umweltkatastrophen und Krankheiten haben unzählige Menschenopfer gefordert. Der Graben zwischen Arm und Reich ist noch eklatanter geworden.
Einzig in sogenannten «Gated Cities» können privilegierte Erdbewohner leben, ohne den täglich auftretenden, nicht prognostizierbaren Stürmen und heftigen Regen schutzlos ausgeliefert zu sein. Gemüse wird tief unter der Erde im Untergeschoss kultiviert und schmeckt entsprechend. Ohne Tageslicht lebt auch das Vieh auf seinem Minusstockwerk. Andere Menschen, zu denen beispielsweise die sogenannten «Sturmkrähen», eine bunt zusammengewürfelte Rebellengruppe, zählen, haben sich in die Berge zurückgezogen, da tiefere Lagen wegen Überflutungen nicht mehr bewohnbar und kultivierbar sind. Miriam muss feststellen, dass sie ihre Mission kaum erfüllen kann, denn neben technischen Herausforderungen scheint es unmöglich, Pflanzen oder Samen von Digitalis purpurea aufzutreiben.
Verschiedene starke Charaktere, deren Eigenschaften und Handlungen teilweise für die Leserin schwierig zu ertragen sind, prägen die spannende Geschichte, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Neben dem authentisch geschilderten Zwiespalt, in dem die einsame Miriam steckt, die sich zwischen Pflichtgefühl und zwei Herzenswünschen entscheiden muss, spielen der junge Arzt Sebastian und die Tänzerin Dafina aus Senegal wichtige Rollen. Die Handlung nimmt wiederholt (meist) unvorhersehbare Wendungen und das Ende ist stimmig, auch wenn es nicht alle gleichermassen zufrieden zurücklässt.
Angesichts des zeitweisen fast unendlichen Regens in den letzten Wochen und häufigen eher kurzen, aber umso heftigeren Regenschauern in den letzten Wochen, kommt die Sofagärtnerin nicht umhin, sich zu fragen, was von den im Buch beschriebenen Klimakatastrophen sich vielleicht zur bitteren Realität entwickeln wird.
Ilka Mella:
Blumenherz
Eigenverlag, 2024
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.