Tante Malis Gartenbuch ist ein ungeordnetes Sammelsurium von Gartenwissen und Familiengeschichten, das nun ihrer Nichte Frau Rita Rosenzopf gehört. Eigentlich ist es kein Gartenbuch, sondern eine selbst gebastelte Mappe, in der vollgeschriebene Schulhefte und Zeitungsschnipsel stecken, zusammengehalten von einem bestickten Umschlag.
Herr und Frau Rosenzopf stecken mitten in einer Ehekrise und Rita hat sich im Haus ihrer verstorbenen Tante Mali einquartiert. An diesem Zufluchtsort hat sie als Kind viele glückliche Stunden verbracht. Im völlig verwilderten Garten sucht sie jetzt in körperlicher Anstrengung Ablenkung von den Magenschmerzen, von Rage und vom Grübeln. Ihre Wut setzt Energie frei, die beim Umgraben und Jäten von Nutzen ist. Dabei kommen auch längst verdrängte Erinnerungen hoch, wie jene an die selbst gestellte Aufgabe, für die 199 Grüntöne des Frühlings passende Namen zu finden – vom Salatgrün über Moosgrün bis zum Krokodilgrün.
Die Tage von Frau Rosenzopf sind ausgefüllt mit strengen Aufräumarbeiten im Garten. Und immer, wenn ihre Gedanken wieder zum fremd gehenden ordnungsfanatischen Gatten abdriften, dreht sie Wörtermühlen. Kompost, Komposthaufen, Komposterde, Kompostbehälter, Kompostwurm – das Wort Kompost ist nicht sehr ergiebig. Im Gegensatz dazu verhilft der kürzere Begriff «Post» zu mehr Ablenkung – Postbote, Postkutsche, Postbus, Postleitzahl, Postbank, Postfiliale, Postkarte, postwendend und etliche mehr.
Die Erzählung führt durch die Ehen der Rosenzopfs und von Tante Mali und ihrem Mann. Eine wichtige Rolle nimmt auch eine fast 80 Jahre alte Nachbarin ein, die sich ungeniert an reifen Früchten im Garten bedient und diese dann (teilweise) in Kuchenform wieder zurückbringt. Und dann gibt’s noch die Psychologie-Freundin, die zu allem und jedem eine Meinung hat – etwa zu den Gemeinsamkeiten von Affären und Bandscheibenvorfällen und der Notwendigkeit, Ziele zu formulieren, um über das elementare Erlebnis von Verlustschmerzen hinwegzukommen.
Rita träumt von einem bunten Blumengarten, ohne die Bedürfnisse der Pflanzen zu kennen. Sie macht Pläne für neue Anpflanzungen ohne zu bedenken, was bereits im Boden auf das nächste Frühjahr wartet. Vorerst freut sie sich aber übers Ernteglück und über den Trost, den er spendet. Während die Abhängigkeit zwischen Frau Rosenzopf und dem Garten ein Geben und Nehmen ist, gibt das Gartenbuch von Tante Mali mit seinen Andeutungen von Familiengeheimnissen Rätsel auf.
Diese Lektüre habe ich ohne grosse Erwartungen angefangen und war bald einmal positiv überrascht – sowohl von Stil und Inhalt des Geschriebenen als auch vom umfangreichen hortikulturellen Hintergrund – jedenfalls genug gute Gründe, grosszügig über die etwas häufigen Schreibfehler hinweg zu sehen.
Nachtrag: Eben habe ich entdeckt, dass die Autorin dieses Romans einen schönen Blog mit dem Titel «Tante Malis Gartenblog» betreibt!
Elisabeth Heydeck:
Frau Rosenzopf und der störrische Garten
Books on Demand, 2021
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.
Ich füge hier den Kommentar der Autorin Elisabeth Heydeck ein, den sie auf meinem Instagram-Account hinterlassen hat (plus meine Antwort):
Liebe Daniela, was eine Überraschung und große Freude zugleich. Ich danke dir herzlichst für die zauberhafte Vorstellung und lieben Worte, die du zu meinem Roman gefunden hast. Nun, ja. Eigentlich wollte ich mir nur selbst beweisen, dass ich einen langen Text schreiben kann – und du hast es mir soeben – ohne dass wir uns kennen, bestätigt. Das ist ein großes Geschenk, das ich betört, beschämt und freudig klopfenden Herzens annehme und mich von Herzen bedanke. Schön, dass es dir gelungen ist, auch über die Vertippsler hinwegzusehen. Irgendwann sieht man die Fehler nicht mehr und für ein professionelles Korrekturlesen fehlte mir das Budget. Danke und allerliebste Grüße aus Kärnten, Elisabeth
Hallo Elisabeth Solange auf der Welt nichts Schlimmeres passiert als unrelevante Tippfehler, ist ja alles in Ordnung. In meinem Blog finde ich ständig welche und dort lassen sie sich ja einfacher korrigieren als in einem Buch. Ich finde das langetextschreiben ist DIr sehr gut gelungen!
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