Gelegentlich werde ich gefragt, ob es nicht langweilig ist, sich dermassen einseitig auf das Lesen von Büchern mit mehr oder weniger ausgeprägtem hortikulturellen Inhalt zu fokussieren. Das Gegenteil trifft zu. Die mutmasslichen Einschränkungen haben mich schon oft völlig unerwartet in spannende Buchwelten geführt. Buchwelten, die ich ohne vorgängige Stichwortsuche nach beispielsweise “Garten” in Kombination mit “Roman” in Buchinhalten und Buchtiteln im Internet nie entdeckt hätte.
«Maisies Garten» ist ein Roman, auf den ich mittels Anwendens der oben beschriebenen Stichwortsuche gestossen bin und der mir viele emotionale Lesestunden beschert hat. Und dies obwohl mich Spiritualität (dieser Aspekt des Inhalts war mir bei der Stichwortsuche tatsächlich entgangen) in Büchern eher abschreckt.
Die talentierte Gartendesignerin Claire hat einen guten fachlichen hortikulturellen Rucksack, den sie sich in ihrer Heimat Deutschland und in England angeeignet hat. Dazu kommt ihre Liebe zur Natur als Kraftort, welche ihr von der irischen Grossmutter vermittelt worden sind. Trotz diesen ausgezeichneten Voraussetzungen klappt es nicht so richtig mit dem Ergattern von Aufträgen. Aufgrund ihrer kleinen Körpergrösse werden ihre Fähigkeiten unterschätzt und potentielle Kunden trauen ihr die Umsetzung von Gartenplänen mit allem Drum und Dran samt Führen von Mitarbeitern nicht zu. Deshalb lebt sie als Endzwanzigerin immer noch bei den Eltern, zu denen sie wie zu ihrer Schwester ein inniges Verhältnis hat.
Wenn Claire dann doch einmal den Auftrag für eine Gartenumgestaltung oder die Anlage eines neuen Gartens erhält, muss sie oft dermassen viele Kompromisse eingehen, um ihr widerstrebende Kundenwünsche zu erfüllen, dass sie trotzdem nicht wirklich zufrieden ist.
Per Mail erhält sie völlig unerwartet das Angebot, in Südengland ein grösseres Gelände in einen Garten nach ihren eigenen Ideen zu verwandeln. Für die Umsetzung hat sie innerhalb des gegebenen Budgets freie Hand. Nicht verhandelbar ist die kurze Frist von einem Jahr, die unbedingt eingehalten werden muss.
Soll sie sich für zwei eher anspruchslose Projekte in Deutschland entscheiden oder die Herausforderung annehmen, die nicht nur wegen der viel zu kurzen Deadline für die Umsetzung eine Schuhnummer zu gross zu sein scheint? Claire stellt sich der Herausforderung und meldet sich gleichzeitig bei einem Gartenwettbewerb an. Mit ihren vielen Gummistiefeln in allen erdenklichen Farben im Gepäck fährt sie mit dem Auto nach Südengland und macht sich umgehend an die Arbeit. Die Leserin kann während der Lektüre bald selbst einschätzen, welche Farbe der Gummistiefel Claire gerade gewählt hat (auch wenn sie sich vielleicht insgeheim auch fragt, wie frau in solchen Schuhen arbeiten soll und kann). Die Wahl des Gummistiefelmodells ist nämlich ein Synonym für die Stimmung.
Die Anlage der verschiedenen Gartenräume vom Duftgarten über die Terrassen bis zum keltischen Baumkreis und dem Teich mit allen damit verbundenen Arbeiten und Komplikationen nimmt einen umfangreichen Teil des Buches ein. Die wahre Botschaft ist jedoch der spirituelle Hintergrund, in dem es um selbstgeschaffene Gefängnisse durch Gedanken geht und wie mit positiven Energien Kraftorte und Konzepte gestaltet und umgesetzt werden können.
Wer Maisie ist und wieso der Garten in einer solch kurzen Zeit auf Biegen und Brechen aus dem Boden gestampft werden muss? Und was ist mit dem Resultat des Gartenwettbewerbs? Legen Sie allfällige Vorbehalte gegen Spiritualität beiseite und lassen Sie sich von einer traurig-schönen Erzählung überraschen, in der jedes Kapitel mit einem Musiktitel beginnt, der zum Inhalt passt.
Ach ja – selbstverständlich lese ich auch “andere” Bücher. Also solche, die nicht von Gärtnern und Gärten handeln. Deren Inhalt passt aber halt nicht ins Themenspektrum dieses Gartenbuchblogs.
Maisies Garten
Eigenverlag, 2021
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.
