Gelegentlich stehe ich vor meinen überquellenden Gartenbuchregalen und frage mich, wer und aus welchen Gründen dermassen viele Bücher benötigt. Immerhin kann ich heutzutage mit gutem Gewissen feststellen, dass ich inzwischen recht wählerisch bin im Anschaffen von Neuzugängen. Das hat vielleicht ein wenig damit zu tun, dass die rechnerisch vorhandene Lesezeit in einem eklatanten Missverhältnis steht zu den bereits herumstehenden ungelesenen Büchern, aber viel mehr noch mit dem auf den aufgestellten Bücherregalen herrschenden Platzmangel. Tatsächlich habe ich es bisher nämlich geschafft, den seit dem Auszug der Jungmannschaft vorhandenen Raum für zusätzliche Bücherregale nicht auszunutzen.
Gartenromane und Gartenkrimis lese ich nur noch auf dem E-Reader, wo platzsparend unzählige Bücher abgespeichert werden können. Zuletzt habe ich mich zwar gerade darüber geärgert, dass nach einem Update alle während der Lektüre gespeicherten Markierungen und Notizen für allfällige künftige Posts in den zuletzt gelesenen Büchern verschwunden sind. Nun es gibt Schlimmeres auf dieser Welt und auch viele potentielle Download-Kandidaten, die künftig mit Markierungen versehen werden können.
Heute ist mein Blick beim Schweifen über die Buchrücken beim Namen Jürgen Dahl (1929 -2001) hängengeblieben und ich habe wieder mal im «Stinkgarten» geblättert. Der Buchhändler, Journalist und Autor hat zeitlebens viel geschrieben, darunter Gartenkolumnen in verschiedenen Zeitschriften über seine Erfahrungen auf dem Lindenhof sowie intelligente Gartenbücher, die auch Jahrzehnte nach Erscheinen wenig oder nichts an Aktualität eingebüsst haben und unbedingt noch lesenswert sind.
Die Ansichten darüber, was stinkt und was wohlriechend schmeckt sind so individuell wie die Menschen sind. Als Stinkgärtner hat Jürgen Dahl die Freunde von Rosen- und Fliederdüften gerne provoziert und sich über Zankereien bei Meinungsverschiedenheiten von Erwachsenen und die unbefangene Neugier von Kindern an etwas speziell riechendem Grünzeug erfreut. In Dahls Stinkgarten fanden auch Pflanzen Platz, die überhaupt nicht stinken, aber aus scheinbar nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ein foetida (stinkend, übelriechend) im botanischen Namen aufweisen, wie etwa die duftlose Salix foetida. Im Buchindex werden auf rund vier Seiten stinkende Pflanzen aufgeführt – von der Aasblume über den Buchsbaum, schwarzem Holunder und der Stinkmorchel bis zum Waldziest.
Gelbe Rapsfelder sind neben dem landwirtschaftlichen Nutzen eine schöne Augenweide. Riechen mag ich Raps gar nicht gern und mache auf meinen Walkingrunden zur Blütezeit oft einen Umweg, um den Abstand zwischen mir und den Pflanzen nicht zu klein werden zu lassen. Und wenn ich trotzdem mal die Nase voll Raps habe, wenn der Weg vom Bahnhof nach Hause direkt an einem Rapsfeld vorbeiführt, überlege ich mir zuweilen, ob wohl schon jemand einen Krimi geschrieben hat, in dem Raps als Betäubungsmittel verwendet worden ist.
Die Ausführungen von Jürgen Dahl sind selbstverständlich weniger banal und man liest von Pflanzen, die nach faulem Fisch stinken, angebranntem Kohl und gärendem Petroleum. Und im Kopfkino der Sofagärtnerin kommen schon wieder Gedanken auf, was sich mit diesen Informationen anfangen, äh anpflanzen liesse. Laut Epilog der lehrreichen Lektüre ist der schlimmste Gestank, den die Natur produziert, jener der Früchte des tropischen Durian- oder Zibetbaums (Durio zibethianus). Definiert wird der Gestank mit einer Mischung aus Knoblauch, Käse und Stinktier.
Mindestens so spannend wie die Ausführungen zum Stinkgärtnern sind die anderen Dahlschen Gartenbücher «Der neugierige Gärtner», «Nachrichten aus dem Garten» und «Vom Geschmack von Lilienblüten». Falls Sie als lesender Gärtner und gärtnernder Leser Jürgen Dahl noch nicht kennen, sollten Sie das schnellstens ändern. Und ich versuche mal beim Googeln herauszufinden, ob der Lindenhof nun tatsächlich ein Gästehaus ist.
Jürgen Dahl:
Verschiedene Gartenbücher /Titel mit ökologischem Inhalt, in diversen Ausgaben/bei verschiedenen Verlagen; z.B.
- Der Stinkgarten
- Der neugierige Gärtner
- Der unbegreifliche Garten und seine Verwüstung – über Ökologie und über Ökologie hinaus
- Nachrichten aus dem Garten
- Neue Nachrichten aus dem Garten
- Vom Geschmack der Lilienblüten
- Zeit im Garten
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.