In der englischen Kleinstadt Swinburne fahren noch Kutschen durch die Strassen und Fahrräder sind ein eher aussergewöhnlicher Anblick. Hier wächst die ausserordentlich wissbegierige und intelligente zwölfjährige Myrtle auf. Ihr besonderes Interesse gilt der Kriminalistik und zu ihrer Lieblingslektüre gehören die Polizeigazette und die Gesetzesbücher ihres verwitweten Vaters. Die Neigungen und Interessen des Mädchens zählen zu Eigenschaften, die nicht zum Frauenbild des viktorianischen Zeitalters passen.
Myrtles Vater ist als Staatsanwalt stark beschäftigt und Erziehung und Betreuung obliegen der Gouvernante Miss Ada Judson, einer begabten Skizzenzeichnerin, welche Myrtles Begabungen und Selbstbewusstsein fördert und nachdrücklich unterstützt, auch wenn dabei nicht immer alle Anstandsregeln eingehalten werden können.
Mit seinem Teleskop schaut das Mädchen statt zu den Sternen öfters Richtung Nachbarhaus, wo die Lilienzüchterin Miss Wodehouse lebt und ist mit den Routinen im dortigen Tagesablauf vertraut. Myrtle fällt eines Morgens deshalb sofort auf, dass auf der anderen Seite des Gartenzauns irgendetwas nicht stimmen kann. Als sie vom plötzlichen Tod der älteren Nachbarin erfährt, zweifelt sie denn auch als einzige an der angeblich natürlichen Todesursache, doch niemand glaubt ihr.
In der Folge nutzt Myrtle die Gelegenheit, ihr umfangreiches theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen. Die zwölfjährige Ich-Erzählerin stellt eine scheinbar lückenlose Beweiskette zusammen, welche die Polizei überzeugt und dann auch zur Verhaftung des Gärtners von Redgrave führt. Bald muss Myrtle mit Schrecken feststellen, dass mit dem Geständnis des Verhafteten etwas nicht stimmen kann und sie setzt hartnäckig alles daran, diesen vor der Todesstrafe zu bewahren. Das Wiederaufrolllen des Falls braucht viel Überzeugungskraft und neue schlüssige Beweise. Das Zusammentragen derselben führt dann manchmal zu gewissen Längen im Jungendbuch. Dieses ist aber nicht zuletzt wegen der speziellen Charaktere der Figuren trotzdem auch für Erwachsene sehr lesenswert.
Wissen aus dem Botanikunterricht, Kenntnisse von Tatortanalyse, der Besuch einer Blumenausstellung, ihr Mikroskop, Toxikologie und die Katze Peony, die immer wieder Pollen auf dem Fell trägt, obwohl die Blumenbeete zerstört worden sind, zählen zu den Stichworten anhand derer Myrtle schliesslich die richtigen Schlüsse ziehen kann. Die Polizei ist in der Lage, den richtigen Täter hinter Schloss und Riegel zu bringen, der Gärtner entgeht der Todesstrafe und nicht zuletzt dank der Katze Peony kann eine gut verborgene wunderschöne güldene Lilienneuzüchtung gerettet werden.
Die Myrtle-Hardcastle-Krimi-Reihe ist inzwischen mit anderen nicht hortikulturellen Bänden fortgesetzt worden und füllt die Lücke, welche nach dem Ende der Buchreihe rund um Flavia de Luce auf dem Büchermarkt herrschte.
Elizabeth C. Bunce:
Mord im Gewächshaus – Ein Myrtle-Hardcastle-Krimi (Band 1)
Knesebeck Verlag, 2021
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.