Vor bald dreissig Jahren habe ich die ersten Cyclamen hederifolium verbuddelt, seinerzeit ein Mitbringsel aus dem norditalienischen Garten des Schwiegervaters. Der Cyclamenbestand wurde laufend ergänzt durch Zukäufe in Gärtnereien (ja, ich bin häufig in Gärtnereien und wenn nichts Platz hat im Reisegepäck, ein kleines Cyclamentöpfchen findet in jedem Gepäckstück Platz) und so wachsen die Primelgewächse inzwischen nicht nur in Rabatten und Hecken, sondern haben sich auch in Plattenfugen und in der Wiese ausgebreitet. Cyclamen sind mir im Garten überall willkommen und ich freue mich, dass die die Knollenpflanzen dies ziemlich schamlos ausnutzen.
Weniger begeistert bin ich über den ähnlich unverschämten Ausbreitungsdrang der Traubenhyazinthen (muscari). Schon seit längerem zweifle ich an der Richtigkeit der Aussage, dass es die Blühfreudigkeit von Blumenzwiebeln einschränkt, wenn die Gärtnerin die Blätter nicht verwelken und einziehen lässt. Zumindest für die Traubenhyazinthen in meinem Garten trifft das ganz sicher nicht zu.
Aus einer Packung vor über zwei Jahrzehnten (aus heutiger Sicht leichtsinnig) gepflanzten Traubenhyazinthen hat sich eine überaus lästige Population entwickelt mit einem leider nicht einmal besonders schönen Blau. Im allerersten Blütenjahr habe ich mich (still) über ein Nachbarsmädchen geärgert, welches die eben allerersten der hübschen Blütenstiele gepflückt hat, welche dannzumal noch gesittet ausschliesslich an der Grundstücksgrenze zur Strasse wuchsen. Rückblickend betrachtet wäre meinerseits Dankbarkeit an den unbeabsichtigten Beitrag zur Verzögerung der Samenbildung angebracht gewesen. Allenthalben ploppen inzwischen nämlich bereits im Sommer die feinen Blätter auf – im Gras, in Rabatten, in den schmälsten Fugen.
Oberirdisches Ausreissen nutzt absolut nichts, wahrscheinlich fördert es im Gegenteil noch das Wachstum. Den grössten Verdruss verschaffen mir die Muscaris im Cyclamenbeet, wo sie sich zu einem Teppich verwoben haben. Eine Gartenreisebekannte hat mir vor Jahren empfohlen, die vertikale Struktur als Bereicherung des Beetes anzusehen. Das ist mir bis heute nicht wirklich gelungen.
Anfang Februar 2020 habe ich auf der Rückreise von einer winterlichen Gartenreise nach Irland auf der Rückreise in York ein Cottage Garden Embroidery Kit der Textilkünstlerin Amy Butcher gekauft. Bis Allium, Anemonen und Rittersporn zu meiner Zufriedenheit gestickt waren, hatte ich trotz der ausgezeichneten englischen Anleitung verschiedene Male Stickfäden wieder aus dem Stoff zu ziehen.
Was das mit Traubenhyazinthen zu tun hat? Das im letzten Herbst mehrfach praktizierte gründliche Entfernen der Traubenhyazinthen, welche sich eng mit den Cyclamen (mehrheitlich coums und hederifoliums) verbandelt haben, hat tatsächlich Ähnlichkeit mit dem Auftrennen von Stickereien. Stück für Stück steche ich jeweils mit einem Handspaten ins Beet und hebe eine Handbreit Cyclamen- und Muscari-Gemisch heraus. Wie auf der Rückseite des Stickstoffs am Stickgarn, ziehe ich die grasähnlichen Blattfäden am Muscari-Zwiebelchen unter den Cylamenknollen raus und pflanze letztere wieder ins Beet während die Muscaris in den Grüncontainer wandern.
Mehrere Viertelstunden habe ich zuletzt auf einem unbequemen Plastikkinderstuhl gehockt und mich dieser rückenunfreundlichen Tätigkeit gewidmet. Tatsächlich hat sich meine verhaltene Zuversicht erfüllt, dass die Cyclamen Coum-Blüte Anfang 2023 deutlich weniger durch unerwünschte vertikale Strukturen unterbrochen wird. Leider ist die Zufriedenheit (noch) nicht ganz so gross, wie meine Freude an inzwischen zehn gestickten und gerahmten floralen Textilkunstwerken von Amy Butcher (beaksandbobbins.com).
Dafür kann ich leider keine Verantwortung übernehmen! In den letzten drei Jahren habe ich mich durch verschiedene Embroidery Garden Kits gestickt. Aber tatsächlich gefallen mir die Motive von Amy Butcher/Beaksandbobbins, dank deren Entdeckung in York ich überhaupt auf die Idee kam, mal wieder Nadel und Garn in die Hand zu nehmen immmer noch am besten. Ausserdem liebe ich die stimmungsvollen Birkenmotive von ihrer Namensvetterin Jo Butcher.