Tierische und andere Herausforderungen

Mein recht kleiner Garten gefällt mir jedes Jahr besser. In den letzten Jahren sind sehr viele rotblättrige Pflanzen und Grünzeug mit roten Stielen oder Blattadern und/oder farbigem Herbst- und Winteraspekt dazu gekommen und in diesem Frühling wurde die rot-grüne Mischung vermehrt mit orangen Blüten ergänzt. Eine Farbe, die mir noch vor ein paar Jahren unter keinen Umständen in den Garten gekommen wäre. Ich muss gestehen, früher sogar gelegentlich die orangen Blüten der Ligularien vor dem Verwelken abgeschnitten zu haben. Nun, die Geschmäcker und das Verständnis für Ökologie und Insekten ändern sich, aber nach wie vor interessieren mich an Pflanzen die Struktur und Blattform oft mehr als die Blütenfarbe.
 
Inzwischen sind viele der in den letzten Jahren gepflanzten Stauden, Berberitzen und andere Kleingehölze wunderbar miteinander verwoben und schön ineinander gewachsen, so dass es nicht nur von Nachteil ist, dass dieses Jahr die Gelegenheiten, eher hemmungslos neue Pflanzen nach Hause zu bringen, deutlich eingeschränkt sind. Obwohl ich keine Zeit habe, an den Pflanzen zu ziehen, wächst vieles wie verrückt. Leider ist es nämlich immer wieder so, dass mir die Vorstellung fehlt oder ich ganz einfach das entsprechende Wissen erfolgreich ausblende, dass mir ein kleines unschuldiges Gewächs in einem 7cm-Topf über den Kopf wachsen kann.
 
Unwillkommene, aber leider auch inkomplette Mithilfe dabei, gewisse Pflanzen in ihre Schranken zu weisen (vereinzelt zwar sogar an der richtigen Stelle), schafft da neuerdings ein nächtlicher Gartengast. Während die Nacktschnecken kürzlich auf meinen zahlreichen verschiedenen Berberitzen anscheinend die hiesigen Klettermeisterschaften durchgeführt haben, sind einem eigentlich hübsch anzuschauenden Raubtier nicht nur der Rauling (Trachystemon) zum Opfer gefallen, sondern – vermutlich als Kollateralschäden – unter anderem auch eine Dahlie, Mukdenien, eine niedrig wachsende Berberitze (!), eine Abelie und einiges anderes mehr. Nachbarn haben einen Marder beobachtet und die Schadbilder im Garten scheinen mit den gegoogelten Informationen übereinzustimmen. Der Rauling hat sich in den letzten Jahren für meinen Geschmack zwar etwas zu breit gemacht, aber in flacher und zerdrückter Form sieht er auch nicht gerade attraktiv aus. Vielleicht befolge ich wirklich den mehrfach erhaltenen Tipp und schreibe eine Anleitung an den Marder, er solle die Pflanze doch bitte gleich ausgraben. Ob das sich Parfümieren wenigstens zu einer erfolgreichen Brautschau geführt hat?
 
Apropos Düfte – bei der Auswahl meiner Lieblingslektüre hatte ich in den letzten Wochen wiederholt einen ganz guten Riecher. Meine Büchergestelle quellen über und ich bin nicht sehr entscheidungsfreudig, wenn es darum geht, Sätze auf Papier zwischen Buchdeckeln zu entsorgen. Da meine Büchertauschpartnerin lieber liest als sofagärtnert, habe ich zuletzt immer öfter den E-Reader verwendet. Das Vorstellen von E-Book-Lektüre ist sehr aufwendig, deshalb nachstehend ohne detaillierte Inhaltangaben Hinweise auf die letzten Positionen meiner Leseliste.
 
Insekten, ein spezielles Möbel, Rügen, fundierter Journalismus, die Verwirklichung von Lebensträumen und natürlich ein Garten sind wichtige Stichworte zum Inhalt des Romans «Die Zeit der Glühwürmchen». «Mit das Lächeln der Libellen» und «Die Träume der Bienen» findet der in sich abgeschlossene erste Band der Serie «Inselgärten» von Patricia Koelle eine Fortsetzung im kommenden Herbst.
 
Im dritten Teil von Martina Sahlers «Die englische Gärtnerin, Weisser Jasmin» geht es um viele Abschiede, aber auch um einen schwierigen Neuanfang, Durchsetzungsvermögen und das Erreichen von Zielen – manchmal halt auf einigen Umwegen.
 
Der Roman «Der Garten unter dem Eiffelturm» hat sich nicht nur als Sofagärtnern und Kopfkino in vollendeter Form entpuppt, er dient gleichzeitig auch als Inspirationsquelle für Gartenreisen nach Paris und in die Normandie. Im Anhang der Lektüre finden sich die im Buch besuchten Gärten mitsamt ausführlichen Hintergrundinformationen. Lesend schlendert man da beispielsweise durch den Jardin Anne Frank, die Jardins flottants Niki de Saint-Phalle und den ehemaligen Pariser Bahngürtel, die Promenade plantée. Über den Romaninhalt will ich jetzt nicht viele Worte verlieren und auf die Webseite der Autorin Elena Eden verweisen. Die Investition in das im Eigenverlag publizierte Buch wird mit einer romantischen Erzählung rund um Schuldgefühle, ein altes Familiengeheimniss eingebettet in ein hortikulturelles Umfeld inklusive viel Wissenswertem über Claude Monet belohnt. Ich freue mich jedenfalls auch hier auf eine hoffentlich baldige Fortsetzung. Vielleicht lässt sich bis dann auch das Rätsel klären, weshalb auf eben dieser erwähnten Webseite von einer Mehrzahl von Gartenromanen der Autorin die Rede ist, obwohl sich (bisher?) leider nur einer finden lässt.
 
Diese Romane verhelfen alle zu ein wenig Ablenkung von den Herausforderungen rund um das Coronavirus. Dass auf Tiefschläge auch wieder bessere Zeiten folgen, zeigen nicht nur die Schicksalsschläge und Abschiede in den in diesem Post erwähnten erfundenen Lebensläufen, sondern auch die Geschichten, die das Leben von Rita Pottharst (Jahrgang 1943) schrieb. Sie berichtet in «Alles mit Links» über Ihre Kinder- und Jugendjahre in einer Gärtnerei in Paderborn. Auch hier soll eine Fortsetzung folgen.
 
Bei der Bewältigung der mit dem tierischen Gartenärger verbundenen Herausforderungen, setze ich meine Hoffnung einerseits auf Ultraschall und Hundehaare und anderseits auf Miscanthus. Dem schleimigen Problem wollte ich nämlich mit Chinaschilf-Abdeckmaterial rund um die Berberitzen begegnen, da dieser Mulch von Nacktschnecken gemieden werden soll. Aber vielleicht riecht das ja für Mardernasen verführerisch? Vorerst habe ich deshalb auf das Ausbringen verzichtet.
 
 
 
Elena Eden:
Der Garten unter dem Eiffelturm
Eigenverlag, 2020
 
Patricia Koelle:
Die Zeit der Glühwürmchen (Inselgärten, 1. Teil)
Fischer Verlag, 2020
 
Rita Potthast:
Alles mit Links – Eine Hommage an meinen Vater
Tredition, 2019
 
Martina Sahler:
Die englische Gärtnerin – Weisser Jasmin (3. Teil)
Ullstein Verlag, 2020
  
Alle in diesem Beitrag erwähnten Bücher habe ich selber gekauft. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den im Sofagarten vorgestellten Büchern.
This is a post from Die Sofagärtnerin.
©2012
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