Gartenkrimis mit Hahnenfussgewächsen: Wer sucht, der findet (Teil 5/5)

Für den gärtnernden Krimileser besteht kein Zwang, sich literarisch auf eine Pflanzenfamilie zu beschränken. Rund 45 Kurzkrimis hat Andreas M. Sturm in den drei Anthologien «Giftmorde I, II und III» herausgegeben. Von harmlos über hinterhältig bis bösartig sind diese spannenden Kurzkrimis, von denen nur die wenigsten einen Bezug zur Pflanzenfamilie Ranunculaceae haben. So möchte eine sterbenskranke Frau von ihrer Schwester mit dem Gift aus den schwarzen Wurzeln von Helleborus niger von ihrem unerträglichen Leiden erlöst werden («Lebensort» von Romy Fölck), derweil in «Das gelbe Gericht» von Helmuth Scheel Ingwer durch die toxischen Knollen des gemeinen Buschwindröschens ersetzt werden. Liebe, Rache, Wut und Betrug in Kombination mit Wetten und Eisenhut ergeben in «Das Prickeln» von Martina Arnold eine tödliche Mischung.

Neben den von Autoren erdachten Kriminalfällen gibt es auch solche, die das Leben geschrieben hat. Amy Stewart berichtet in «Gemeine Gewächse» von der fatalen Verwechslung anlässlich eines Festmahls, das 1856 in einem schottischen Dorf stattgefunden hat. Ein Diener hat im Garten statt der verlangten Meerrettichwurzeln solche des Eisenhuts ausgegraben und die Köchin hat diese ahnungslos verarbeitet. Die giftige Zutat verursachte zwei Todesfälle und etliche schwere Erkrankungen. Dass giftige und ungiftige Pflanzen miteinander verwechselt werden, kommt auch heutzutage immer wieder vor. Da bei einigen Gewächsen schon allein die Berührung unerwünschte Folgen wie Taubheit oder Herzprobleme nach sich ziehen kann, hantiert man im Zweifelsfall lieber einmal zu viel mit Handschuhen als einmal zu wenig. Der vorstehend erwähnte Diener jedenfalls muss seine Hände geschützt haben, sonst wäre ja er das Opfer jenes Eisenhuts gewesen und die Anreicherung der Speisen mit Eisenhut-Wurzeln hätte nicht stattgefunden. 

Helmut Eisendle beschreibt in «Tod und Flora» 33 Giftpflanzen von der Alraune (Mandragora vernalis) bis zur Zaunrübe (Bryonia alba). Die Portraits enthalten Benennung, Beschreibung, Blütezeit und Fundort, Eigenschaften und Wirkungen, Dosis minimalis/letalis sowie einen Kasus. Die Hahnenfussgewächse sind mit der Buschanemone (Anemone nemorosa) und dem Eisenhut (Aconitum napellus) vertreten. Bevor der Leser sich vom Untertitel «Ein Glossar über die Verwendung von Giftpflanzen für den asthenischen Täter» zu sehr verwirren lässt, sollte er die einleitenden Betrachtungen des Autors und Psychologen Eisendle lesen, in denen es um Verantwortung und Notwendigkeit, Macht und Strafe, Sthenie und Asthenie, Möglichkeit und Erfordernis, Betrachtungen über den Konflikt, Destruktion und Sicherheit, Konflikt und Psyche sowie vier strategische Grundsätze geht. Im Fall «Buschanemone» erzwingt die Assistentin eines Urologen mit Hilfe einer Essenz aus eben dieser Pflanze die ihr längst zustehende Gehaltserhöhung, während sich im Fall «Eisenhut» ein übergewichtiges Mädchen mit Aconitinsaft an ihren nächsten Familienangehörigen für die ständigen Hänseleien rächt.

Auch im englischen Northumberland könnte jemand, der sich eines unliebsamen Zeitgenossen entledigen möchte, auf unschickliche Gedanken kommen. Hier befindet sich der zweitgrösste englische Adelssitz: Alnwick Castle. Dieser hat nicht nur schon wiederholt als Kulisse Harry Potter-Verfilmungen und die Weihnachts-Specials von Downton Abbey gedient, 2001 wurden die neuen Gärten eröffnet. Ein Teil befindet sich hinter schwarzen Gittern und einem hohen Zaun: ein Giftgarten mit über 100 gefährlichen Pflanzen. Aus Sicherheitsgründen darf der Besucher nur in Begleitung eines kundigen Führers eintreten, der viel über die Pflanzen und ihre Wirkung zu erzählen weiss. Der Giftgarten fungierte übrigens ebenfalls schon als Grundlage, und zwar für die Buchreihe «Poison Diaries».

Auch für alle diese hier nun in einer fünfteiligen Reihe erwähnten Bücher gilt, dass ich alle selber gekauft habe. Ich bin niemandem gegenüber in irgendeiner Weise verpflichtet und generiere keine Einnahmen aus den hier im Sofagarten-Blog vorgestellten Büchern. 

Anmerkung: Dieser Artikel ist keine Gebrauchsanweisung – die Autorin lehnt jede Haftung für die missbräuchliche Verwendung des Inhalts ab.

Liste der in der fünfteiligen Serie aufgeführten Bücher:


Eva Almstädt

Blaues Gift
Bastei Lübbe, 2007

Agatha Christie: 
16 Uhr 50 ab Paddington – Ein Fall für Miss Marple 
Diverse Ausgaben 

Kate Collins:
Sleeping with Anemone 
Diverse Ausgaben

Alfred Döblin: 
Die Ermordung einer Butterblume 
Diverse Ausgaben 

Maria Dries: 
Der Kommissar und der Orden von Mont-Saint Michel 
Aufbau Taschenbuch, 2015 

Helmut Eisendle: 
Tod und Flora 
Jung und Jung, 2009 

Annette Haaland: 
Pastorin Viveka und das tödliche Kaffeekränzchen 
Ullstein Buchverlag, 2016 

Edwin Haberfellner
Tod im Salzkammergut 
Emons Verlag, 2016 

Helena Kleiker: 
Tatort San Diego – Späte Rache 
Pro Business GmbH, 2016

Ernest Nyborg: 
Essenz des Todes 
Eigenverlag, 2014 

Peter Oberdorfer: 
Schweres Gift – Ein Wien-Krimi 
Aufbau Verlag, 2015 

Carole Ottesen: 
Dying for the Christmas Rose 
CreateSpace Independent Publishing Platform, 2012 

Ricarda Schünadel: 
Eisenhut 
Books on Demand, 2010 

Amy Stewart
Gemeine Gewächse – Das A bis Z der Pflanzen, die morden, verstümmeln, berauschen und uns anderweitig ärgern 
Berlin Verlag, 2011 

Andreas M. Sturm (Hrsg.): 
Giftmorde I, Giftmorde II, Giftmorde III 
fhl Verlag, 2015 bzw. 2016 

Angela Temming: 
Ranunkeln ganz in weiss – Kurzkrimi 
E-Book oder Podcast/Audio-Datei

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