Der Ich-Erzähler Victor Bucerius lebt seit einigen Jahren mit seiner Schwester Julia zusammen im Elternhaus, einem ehemaligen Kloster, zu dem ein Kräutergarten gehört, der ursprünglich von Mönchen angelegt worden ist. Er ist geschieden, sie ist verwitwet – so hat sich diese Zweckgemeinschaft fast aufgedrängt. Denn obwohl die Geschwister so nahe beieinander wohnen und einzelne Räume wie die Küche gemeinsam nutzen, ist der gegenseitige Kontakt minimal. Einerseits sind sie charakterlich verschieden, anderseits pflegen sie unterschiedliche Interessen. Der zurückgezogen lebende Apotheker widmet sich ausserhalb seines Geschäfts hauptsächlich seinen Forschungen nach einem neuen Medikament und verbringt dementsprechend viel Zeit in seinem Labor, während die offene Menschenfreundin Julia eine leidenschaftliche Köchin und Kräutergärtnerin ist.
Der zum Haus gehörende Garten ist eigentlich eher ein Park und wird von Julia gehegt und gepflegt. In ihrem Reich zieht sie eine grosse Auswahl von Kräutern an, die sie nach der Ernte trocknet und anschliessend zu weit über die Dorfgrenze hinaus beliebten Teemischungen abfüllt, die der Apotheke ihres Bruders ansehnliche Umsätze bescheren. Und eben in diesem grünen Revier findet Victor eines Morgens seine Schwester tot im Teich. Suizid kann als Todesursache rasch ausgeschlossen werden. Doch wer hat Julia vergiftet? Da Victor als Alleinerbe und Apotheker eben nicht nur über ein starkes Motiv, sondern auch über das notwendige Hintergrundwissen über Gifte verfügt, setzt ihn die ermittelnde Kommissarin Stine Jessen gleich einmal auf die Liste der Verdächtigen.
Victor ist natürlich gar nicht begeistert darüber und sowieso stört es ihn, dass eine Frau die Ermittlungen führt. Nach seinen Erfahrungen sind Frauen nämlich kompliziert und denken um mehrere Ecken herum. Um die Verdachtsmomente auszuräumen und gleichzeitig seiner Schwester einen letzten Dienst zu erweisen, beginnt er deshalb, selber Nachforschungen anzustellen. Und als hätte der zurückgezogen lebende Mann derzeit nicht schon genug Unruhe in seinem sonst so geordneten Alltag, taucht auch noch eine Frau auf, die behauptet, von Julia als Aushilfe für seine Ein-Mann-Apotheke eingestellt worden zu sein und vorläufig im Gästezimmer wohnen zu dürfen.
Wieso weiss Victor nichts von diesen Plänen? Weil er sich im Moment seinen privaten Ermittlungen widmen will, beschliesst er, der Frau eine Chance zu geben. Sie erweist sich in der Apotheke als sehr geschickt, doch überschreitet sie privat immer wieder Grenzen und muss von Victor in ihre Schranken gewiesen werden. Parallel dazu findet er mittels Tagebuch seiner verstorbenen Schwester heraus, wie wenig er über diese gewusst hat und welche Themen sie in den letzten Wochen bewegt haben. Sie hat beispielsweise Kochbuchpläne geschmiedet und sich sehr intensiv um einen von Victors Medikamentenauslieferern gekümmert, der aus einer Problemfamilie stammt. Und zwar genau um den jungen Mann, der ihm selber irgendwie suspekt ist.
Nach einem Einbruch in sein Wohnhaus scheint die Kommissarin immerhin von Victors Unschuld überzeugt zu sein und sie zieht ihn – natürlich ganz inoffiziell – sogar mit in ihre Ermittlungen ein. Verschiedene Tatmotive werden in Betracht gezogen und potentielle Täter überprüft, doch eine heisse Spur ist nicht aufzutun.
Zwischen den Kapiteln finden sich jeweils passende Rezepte wie etwa «Julias römisches Katerfrühstück», «Kräuter-Tarte à la Julia», «Julias Fruchtfliegenfalle» oder «Stines dunkelroter Energiekick».Sowohl Untertitel als auch der letzte Satz des Gartenkrimis lassen auf eine Fortsetzung des Gartenkrimis hoffen.
Kathrin Hanke und Claudia Kröger:
Wermutstropfen – Der erste Fall für Victor Bucerius
Gmeiner Verlag, 2016