Lorenza Zambons Leidenschaft gilt Pflanzen, Gärten und Landschaften. Die Schauspielerin und Regisseurin verknüpft diese schon seit langem mit Festivals, Theaterworkshops und Guerilla-Kunstaktionen. Nun ist noch ein zum Nachdenken anregendes Büchlein hinzugekommen. Nämlich die deutsche Übersetzung von «Lezioni di giardinaggio planetario». Auf rund 120 Seiten philosophiert sie darin in drei Lektionen über «Gärtnern für anonyme Revolutionäre», «Gärtnern für planetarische Gärtner» und «Die Samen der Zukunft». Die Essays selber tragen Titel wie «Blütenteppiche auf Trümmern», «Befreite Samen» und «Ein schlafender Schatz».
Die Liebe zum Grünen hat die Autorin wohl von ihrer Mutter geerbt. Und dies obwohl sie sich als Kind oft fremdgeschämt hat, wenn sich la Mama unterwegs mit der Tochter dank Hilfe ihrer perfekt manikürten Nägel als Pflanzendiebin betätigt hat oder sich – wenn die höfliche Bitte nach einem Steckling ganz selbstverständlich bejaht worden ist – ziemlich aufdringlich gleich selber im fremden Garten am grünen Buffet bedient hat. Da der Nachwuchs sich seinerzeit aber mehr geschämt hat, als dass er darauf geachtetet hat, was die Mutter mit den Stecklingen angestellt hat, blüht es bei Lorenza Zambon nun leider nicht annähernd so üppig wie seinerzeit rund ums Elternhaus.
Dafür hat sie um so mehr Ideen, die sie oft mit Unterstützung von anderen verrückten Frauen umsetzt. Als verrückt bezeichnet die Autorin ihre Mitstreiterinnen selber. Initiativ würde aber gemäss meinem Eindruck mindestens so gut passen. Auf ihrer privaten Facebook-Seite lässt sich jedenfalls ausgezeichnet ein erster Eindruck über ihr vielfältiges Engagement verschaffen. Die Italienerin berichtet davon, wie sie unterwegs immer wieder Müll zusammensammelt. Zu diesem Zweck hat sie immer Müllsäcke und Handschuhe im Auto. Die vollen Säcke werden dann beschriftet mit «Erntedatum» und «Ernteort» aufgehoben. Wie lange habe ich nicht mitbekommen oder überlesen.
Dann schreibt Lorenza Zambon von Männern, die Bäume pflanzen. Und zwar nicht einen oder zwei. Nein, gleich Tausende. Und es gibt ein Wiederlesen mit Novella Carpenter, der Cityfarmerin aus Detroit, deren Buch «Meine kleine Cityfarm» ich hier ausführlich vorgestellt habe. Die Autorin glaubt, dass jenseits des Atlantiks wahrhaftig der Keim für fantastische neue Welten gelegt wird. Das mag zutreffen. Wohl aber nur, wenn man die jüngsten politischen Geschehnisse ausblendet. Mit Genugtuung stellt sie jedenfalls fest, dass jüngst auch hierzulande (oder eben in Italien) immer öfter grössere und auch kleine leere Flächen durch Urban Farmer und/oder Guerilla Gardener in Beschlag genommen werden und verrät ihre eigene Idee von tragbaren Gemüsegärten.
Gerne würde die Sofagärtnerin noch mehr Geschichten übers Verschönern von Städten lesen, mangels weiterer solchen Seiten erfreut sie sich an den kreativen und teilweise inspirierenden Namen verschiedener Gartenbewegungen, die erwähnt werden: Badili Badola, Piante Volanti, Ammazza che piazza, Effetto Terra, Zena Zapata, Le Ortike oder Friarelli Ribelli. Die philosphischen Betrachtungen enden mit der Einladung, sich genau umzusehen und für sich selber die richtigen Samen zu finden. Und das richtige mit diesen anzustellen. Für eine erfolgreiche Keimung braucht es nur ein wenig Erde und etwas Wasser.
Lorenza Zambon:
Gartenphilosophie
Mosaik Verlag, 2017