Vor ein paar Monaten ist die Mutter von Apron nach langer Krebskrankheit gestorben. Nun hat ihr auch noch ihre langjährige einzige Freundin die Freundschaft gekündigt. Und als hätte sie noch nicht genug Probleme, ist die neue Partnerin ihres Vaters eingezogen und die beiden Erwachsenen wollen wegen des Babys, das unterwegs ist, rasch möglichst heiraten. Ebenfalls wegen dem erwarteten Familienzuwachs soll Apron sich von Boss, ihrem geliebten Meerschweinchen, trennen. Dieses Jugendbuch wird aus der Sicht von Apron erzählt und spielt in den 1980er Jahren, zur Zeit von Ronald Reagans Präsidentschaft in Amerika und den Anfängen der Krankheit Aids, die dannzumal noch unweigerlich zum Tod führte.
Die dreizehnjährige Apron nennt die neue Frau an Vaters Seite konsequent nur M. Letztere ist eine von den Krankenschwestern im Spital von Maine, die sich um ihre Mutter gekümmert hat. M hat sich das Vertrauen des Vaters erschlichen und zwingt ihn mit der Schwangerschaft zur Heirat. Sie will eigentlich gar kein Kind. Ihr einziges Ziel ist nämlich, eine Aufenthaltsbewilligung für Amerika zu ergattern, da ihr Visum abläuft und sie keinesfalls in ihre Heimat Brasilien zurückkehren will. Als M sich in gesetzlich abgesicherten Verhältnissen glaubt, kommen ihr wahrer Charakter und ihre Gemeinheit, die sie zunächst nur heimlich gegenüber Apron gezeigt hat, immer deutlicher zum Vorschein. Die werdende Mutter unternimmt denn auch verschiedene Versuche, die verhasste Schwangerschaft vorzeitig zu beenden.
Die bevorstehenden langen Sommerferien versprechen richtig unerfreulich für das nachdenkliche, ernste und zwischendurch sehr ungeschickte Mädchen Apron zu werden, als sie zufällig Mike und Chad kennenlernt, ein schwules Paar, das gemeinsam den Blumenladen «Scent Appeal» führt. Aus der Bekanntschaft zwischen den Dreien resultiert zunächst ein Ferienjob für Apron und schliesslich eine tiefe, freundschaftliche Beziehung. Denn während das Verhältnis zwischen Apron und ihrem Vater, einem Professor für Latein, immer distanzierter wird, stellt der Blumenladen schon bald eine Art zweites Zuhause für die Dreizehnjährige dar. Die beiden Männer fungieren einmal sogar als Ersatzonkel und -tante für einen Schulanlass und Chad formuliert für Apron ein Gedicht für die Schule, das von der Lehrerin zur Teilnahme an einem Wettbewerb eingereicht wird.
Gleichzeitig stellt sich Apron als überaus talentierte Blumenkünstlerin heraus. Bald weiss sie aus dem Effeff, wie schlappe Blumen mit Draht wieder aufgerichtet werden und ihre mit lateinischen Sprüchen und Übersetzung versehenen Blumenanhänger kommen bei der Kundschaft ausgezeichnet an. Da die beiden Blumenladenbesitzer homosexuell sind, werden immer wieder die Schaufensterscheiben eingeschlagen. Die Zeit mit ihrer Ersatzfamilie wird aber auch anderweitig überschattet, weil sich immer deutlicher das Ende derselben abzeichnet. Denn während M’s Bauch wächst und der Blumenladen dank Aprons tatkräftiger Unterstützung floriert, wird der an Aids erkrankte Chad immer schwächer.
So wird für Apron im Verlauf des Sommers ihre wirkliche Aufgabe immer deutlicher klar. Es geht nicht in erster Linie um ihren Ferienjob. Viel wichtiger ist die gemeinsam mit ihren neuen Freunden, besonders aber die mit Chad verbrachte Zeit. Apron und Chad stehen sich schnell sehr nahe. Sie erzählen sich gegenseitig Witze und das Mädchen liest dem todkranken Mann seine Lieblingsbücher vor, die einst auch dessen Lieblingsbücher waren.
Ein traurig-schöner Jugendroman, der die Leserin tief berührt, während sie mit Apron mitleidet und mitfühlt. Auch Aprons weniger positiven Handlungen (die immer durchaus nachvollziehbar sind) sind von der Autorin sehr authentisch ausgearbeitet worden. Der Sommer ist für Apron emotional eine Achterbahnfahrt, doch trotz der vielen Tiefs lässt sie sich nicht dauerhaft herunterziehen, sondern blickt hoffnungsvoll vorwärts. Wer Daisy ist, lesen Sie am besten selber nach. Auch wenn Sie bereits erwachsen sind, lohnt sich die Lektüre.
Jennifer Gooch Hummer:
Der Sommer, als Chad ging und Daisy kam
Carlsen Verlag, 2017
Vielen Dank für diesen ausführlichen Kommentar, liebes Fräulein Löwenzahn. Freut mich, dass Sie meine Buchvorschläge schätzen. Gerade dieses Buch ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben! GlG
Hallihallo Freunde der Sonne, der Bücher und des Gartens!
Kürzlich hatte ich das Vergnügen, das vorgestellte Buch zu lesen. Das Buch ist aus der Sicht des jungen Mädchen Apron geschrieben, was mich zu Beginn etwas verwirrte, da ich als erwachsene Frau die Perspektive eines kleinen Mädchens einnehmen musste und versuchen musste, mich in ihre Handlungen hineinzuversetzten. Nach einigen Seiten "aufwärmen" habe ich mich aber an den eher provozierenden Schreibstil aus der Sicht des Mädchen gewöhnt und konnte diese abenteuerliche, komische und zugleich dramatische Geschichte geniessen. Bei einigen Stellen liefen mir sogar einige Tropfen Salzwasser über das Gesicht. Meine Vorliebe für Blumen wurde mittels der Beschreibungen einiger Pflanzen aus dem Blumenladen gestillt. Sogar etwas Latein habe ich gelernt, da zu Beginn der Kapitel jeweils ein lateinisches Sprichwort geschrieben steht. Ein schönes Sprichwort fand ich: quid optes, bene in animo volve.. wen es interessiert, soll das Buch lesen oder Google konsultieren 😉
Deine Buchvorschläge enttäuschen mich nie liebe Sofagärtnerin!
Rosige Grüsse
Ihr Fräulein Löwenzahn