Im letzten Sommer habe ich auf Facebook folgende Kurzmitteilung gepostet: »Eine Grünelfe, die den Auftrag erhält, eine Gartenanlage nach einem Entwurf von Gertrude Jekyll zu restaurieren, hat mich in den letzten Tagen erfolgreich vom Lernen abgehalten. Clanwölfe, Vampire, Zombies, Druiden und andere Elfen sind weitere interessante Charaktere in diesem Seitenumdreher. Hoffentlich erscheint die angekündigte Fortsetzung erst im Winter, wenn ich mich wieder ohne schlechtem Gewissen meiner Lieblingslektüre widmen kann…» Nun, inzwischen habe ich die bereits im letzten Herbst erschienene Fortsetzung gelesen. Das gärtnerische Element ist hier zwar deutlich weniger präsent, aber das Buch hat mich nichtsdestotrotz bis zur letzten Seite gefangen gehalten.
Die selbständige Gartenhistorikerin Lillian St. John, genannt Lilly, ist wegen dem Auftrag, den Park des Scotts Castle genannten Chaplain Estate zu restaurieren, nach Vermont gekommen. Diese Aufgabe geht weit über das Befestigen loser Steinplatten und Unkrautjäten hinaus und ist eine Herausforderung, die gleichzeitig Märchen und Alptraum bedeutet.
Der riesige Park ist in verschiedene Gartenteile gegliedert und enthält beispielsweise unzählige Bäume, viele Mauern, einen See sowie ein Tropenhaus. Es gilt, alte Strukturen anzupassen und neue zu entwickeln. Leider sind keine alten Pläne mehr vorhanden, aber wenigstens liegt ein altes Journal mit Anmerkungen vor. Noch sind längst nicht sämtliche unter den alles verbergenden Brombeerranken liegenden Gartengeheimnisse gelüftet worden. Eigentlich müsste Lilly auch längst die Detailplanung in Angriff nehmen und zumindest die Aufträge für grobe Bauarbeiten vergeben. Doch nicht nur der lange Winter in Vermont verhindert eine zügige Erledigung der Aufgaben. Abgelenkt wird die charismatische Grünelfe mit grossen, grünen Augen und kupferfarbenen Locken auch von ihrem Auftraggeber Dante, einem Clanwolf, in den sie unsterblich verliebt hat.Aus hortikultureller Sicht wäre noch ein Überfall zu erwähnen, während dem sich Lilly und eine Blutelfe in das Treibhaus retten und mit zu Wurfgeschossen umfunktionierten Pflanzenglocken den Angreifer abhalten wollen.
Ansonsten wird in «Willows Erbe» weiterhin der Mörder aus «Lillys Garten» gesucht. Merkwürdige Vorkommnisse und Morde häufen sich. Eine wichtige Rolle spielt nichtsahnend Willow Raveneaux, die den mit merkwürdigen Gegenständen vollgestopften Trödelladen ihres verstorbenen Onkels erbt, und nichts von Elfen, Clanwölfen, Vampiren, Geistern, Zombies und Werwölfen weiss, geschweige denn davon, dass sie selber eine verhinderte Druidin ist. Willows Kräfte zu wecken ist denn auch eine der Herausforderungen in diesem Buch. Dazu muss genau die Weide gesucht und gefunden werden, die anlässlich ihrer Geburt gepflanzt worden ist. Keine leichte Aufgabe.
Der Fund einer Schneekugel, eines alten, schlechten und praktisch unkenntlichen Polaroidfotos sowie Krümel, die sich als Weidensamen entpuppen, führen jedenfalls nicht zu einer einfachen, direkten Lösung. Grünelfen schöpfen ihre Kräfte aus Pflanzen und sind mit diesen eng verbunden. So ist es für sie ein Leichtes festzustellen, dass der Zustand der gefundenen Weidensamen komatös ist und weit davon entfernt, optimal zu sein. Doch sie schaffen es, wenigstens ein paar davon in keimfähige Kraftpakete zu verwandeln.
Klara Mayberg sind zwei ideenreich verwobene Geschichten mit mehrheitlich sympathischen Figuren gelungen. Als Leserin taucht man gerne in diese Fantasiewelt ab, in der eine kiffende Grünelfe die Hauptrolle spielt. Und hofft nach dem Wiederauftauchen in der Realität auf eine baldige mindestens so spannende Fortsetzung.
Klara Mayberg:
Lillys Garten (Herz aus Licht, Band 1)
Eigenverlag, 2015
Willows Erbe (Herz aus Licht, Band 2)
Eigenverlag, 2016
©2012