Isabelle ist mit ihren siebenundzwanzig Jahren zwar noch sehr jung, in ihren Gewohnheiten ist sie jedoch bereits völlig festgefahren und Flexiblität zählt eindeutig nicht zu ihren Stärken. Schon als kleines Kind musste sie viel Verantwortung übernehmen, um ihre alleinerziehende Mutter zu unterstützen und hat schnell gelernt, dass Chaos nur durch Struktur und Planung vermieden werden kann. Neben ihrer Arbeit im Blumenladen, dessen Übernahme durch sie schon längst geplant ist, hat sie deshalb ihre Freizeit strikt durchorganisiert. Am Montag werden die Einkäufe erledigt, am Dienstag wird geschwommen, am Mittwoch die Wäsche gewaschen, am Donnerstag steht Grabpflege auf dem Programm, am Freitag wird nochmals Sport getrieben, am Samstag werden die Wohnung auf Vordermann gebracht und Freundschaften gepflegt und am Sonntag trifft sie ihre Mutter. Während ihre Mutter nur mit Plastikblumen klarkommt, hat Isa die Liebe zu Blumen von ihrem Vater, einem Garten- und Landschaftsarchitekt, der gestorben ist, als sie sechs Monate alt war, in die Wiege gelegt bekommen.
Plötzlich werden von der jungen Floristin Anpassungen am laufenden Band verlangt. Es fängt damit an, dass der Vietnamese vis-à-vis von ihrem Arbeitsplatz, bei dem Isabelle seit Jahren jeden Mittag ihre Nudelsuppe geschlürft hat, schliesst und ein neues Restaurant ohne Nudelsuppe auf der Speisekarte öffnet. Der ambitionierte Koch und Inhaber Jens Thiel weigert sich entschieden, ihr Lieblingsgericht zuzubereiten. Er sieht es als persönliche Herausforderung an, den Gaumen der jungen Frau auszubilden, was diese zunächst gar nicht schätzt. Dann beschliessen zwei von Isas besten Freunden in die Pampa zu ziehen und ihre Lieblings-TV-Sendung, die Daily Soap Liebe!Liebe!Liebe! wird abgesetzt.
Mit Jens Thiel tritt auch dessen aufmüpfige jüngere Teenager-Schwester Merle in Isabelles Leben. Erstere versucht ziemlich offensichtlich, die Floristin und den Koch zu verkuppeln. Doch Jens entspricht gar nicht den Vorstellungen von Isas Traummann. Dieser tritt dann ziemlich schnell auch noch auf die Bühne. Allerdings aus einem betrüblichen Grund. Es sieht leider danach aus, dass es nichts wird mit ihren Übernahmeträumen und dem für in ferner Zukunft geplanten Wechsel von «Blumen Schumacher» in «Blumen Wagner». Der Blumenladen steht nämlich kurz vor der Insolvenz.
Die Inhaberin Brigitte hat auf Bodenständigkeit und faire Preise gesetzt und es verpasst, sich den Begebenheiten anzupassen und auf die neue florale Konkurrenz gleich um die Ecke zu reagieren. Einzig die Trauer- und Hochzeitsfloristik rentiert einigermassen. Ein Anwalt wird engagiert, in dem Isa DEN Traummann zu erkennen glaubt. Nachdem dieser seine Prinzipien von wegen kein Date mit einer Kundin beiseitegelegt hat, begeistert er Isa mit zwei wunderschönen, speziellen Abenden. Im Blumenladen wird parallel dazu mit einem gründlichen Ausmisten, einer sanften Renovation, Upcycling und der Einführung eines «Strauss der Woche» mit mässigem Erfolg versucht, mehr zahlungskräftige Kunden ins Geschäft zu locken.
Isas privaten Fix-Termine werden immer häufiger über den Haufen geworfen und Jens und seine Schwester stehlen sich in ihr Herz. Ein fester Wochentermin entfällt, als sie zufällig erfährt, dass ihr Vater und die Ehe der Eltern nicht annähernd so perfekt waren, wie ihre Mutter ihr immer erzählt hat. Ihre regelmässigen Beschwerdebriefe an den TV-Sender wegen der Absendung ihrer Lieblingsserie werden nicht beantwortet, doch trotz scheinbarem Chaos an allen Ecken und Enden gibt es immer mehr Zettel, die sie am Ende jeden Tages in ihr persönliches «Glücks-Momente-Glas» stecken kann.
Ein humorvoller Roman, der zu schnellem Lesen verleitet, obwohl frau ziemlich genau ahnt, wie die Geschichte ausgehen wird. Das Ende wird mit dem Rezept für Isas Lieblingsdessert, dem «Schokoladenmalheur», versüsst.
Petra Hülsmann:
Glück ist, wenn man trotzdem liebt
Bastei Lübbe, 2016