Ellen Berg: Mach mir den Garten, Liebling!

Mit Grünzeug hat die Enddreissigerin Luisa Fröhlich nichts am Hut. Die einzige Topfpflanze an ihrem Arbeitsplatz kümmert denn auch vor sich hin. Vor Jahresfrist hat ihr Tante Ruth vor ihrer Abreise nach Italien den reich blühenden Schrebergarten anvertraut. Diese Aufgabe hat Luisa sogleich delegiert und nie überprüft, ob und wie der engagierte Friedhofgärtner die Arbeit erledigt. Doch nun hat Tante Ruth kurzfristig ihren Besuch in der alten Heimat angekündigt und möchte natürlich auch ihr grünes Paradies begutachten. Ihre Nichte kommt also nicht mehr darum herum, endlich nach dem Rechten zu sehen.

Als Luisa sich der Parzelle nähert, traut sie ihren Augen nicht. Wo ihre Tante sich an Rosen, Jasmin, Hortensien, Gemüse und Insekten erfreut hat, dominiert grauer Kies und unter den Büschen liegt Müll. Nichts ist mehr übrig von Tante Ruths mit Stolz und Leidenschaft gepflegten Garten – der Friedhofgärtner hat sozusagen tödliche Resultate erzielt. Sofort taucht ein älterer Gartennachbar auf und weist Luisa auf das Nichteinhalten der Drittel-Regel und andere Verstösse gegen Vorschriften und Verbote hin.

Während sie sich von ihrem Schock zu erholen versucht und in üblich pflichtbewusster und ehrgeiziger Manier schon einen Schlachtplan zurecht legt und überlegt, wie sie das Gartenproblem innert zwei Wochen in den Griff bekommt, ohne dass es Tante Ruth das Herz bricht, tritt ein weiterer Gartennachbar in ihrem Alter an den Zaun. Eddy, ein charmanter Italiener, bietet ihr seine Hilfe an und obwohl er so gar nicht Luisas Typ ist, knistert es zwischen den beiden gleich bei der ersten Begegnung ganz schön.

Dank der versprochenen Hilfe des netten Gartennachbarn blickt Luisa dem Besuch von Tante Ruth etwas gelassener entgegen und wagt es, sich ein wenig auf die versprochene Beförderung zu freuen. Jahrelang hat sie sich aufgeopfert – für ihre faulen Kollegen die Arbeit miterledigt, auf freie Wochenenden und Urlaubstage verzichtet. Die Geschäfte der „Fun Connection“, einer Geschenkartikelfirma, laufen schlecht, was Luisa nicht zuletzt auf das schlechte Betriebsklima zurückführt. Das kleine Team arbeitet nämlich nicht mit- sondern gegeneinander. Im Hinterkopf hat die patente Frau schon längst Ideen parat, wie sie die Mitarbeiter als Geschäftsführerin motivieren und die Kassen endlich wieder klingeln lassen will. Doch ein Problem kommt selten allein und der ihr versprochene Job erhält ein anderer. Luisa muss sogar mit ihrer Entlassung rechnen.

Nun, Luisa ist sich gewohnt, Herausforderungen strukturiert anzugehen und Prioritäten zu setzen. Zunächst wird also gegärtnert. Ihr erstes Pflanzkonzept nach einem Farbschema entpuppt sich rasch als suboptimal, da es die Bedürfnisse der Stauden nicht berücksichtigt. Doch während dem Gärtnern, geht in Luisa eine Veränderung vor sich, und sie vergleicht sich plötzlich mit einer Pflanze, die welkt ehe sie geblüht hat und sie wendet das Schema gleich auch auf ihre Arbeitskollegen an. Nicht nur Pflanzen haben unterschiedliche Bedürfnisse und benötigen Aufmerksamkeit, auch unter den Menschen gibt es gewissermassen Licht- und Schattengewächse.

Eddy kennt sich nicht nur mit Ökologie und Veganismus aus, er ist auch ein cleverer Internetfreak und lanciert ein Crowdfunding mit dem Motto „Rettet Tante Ruths Garten“. Bitcoin-Spender können das interaktive Gartenprojekt nicht nur unterstützen und wünschen, welche Pflanze für ihr Internet-Geld angeschafft werden soll, dank einer Webcam können sie die Gartenverschönerung gleich mitverfolgen. Luisa ist zwar begeistert über die Unterstützung, doch der Workaholic, der schon jahrelang Freundschaften zu Gunsten der Arbeit vernachlässigt hat, fällt bald wieder in alte Verhaltensmuster, als er feststellt, warum der neue Geschäftsführer seine Pläne zur Firmenrettung boykottiert und so definiert Luisa ihre Prioritäten gleich wieder um.

„Mach mir den Garten, Liebling!“ bedient als witziger, temporeicher und zuweilen sarkastischer Unterhaltungsroman viele Klischees und das Ende ist dem Genre entsprechend vorauszusehen. Neben den Verwicklungen rund um die Garten- und Firmenrettung geht es aber auch um Beziehungen und Teambildungen und nicht zuletzt um die Verwandlung der von ihren Arbeitskollegen zunächst despektierlich „Knäckebrot“ genannten Luisa zu einer Frau, die plötzlich Erde unter den Fingernägeln schätzt, und sich als Kämpferin nicht nur für die Firma sondern auch gegen Intrigen einsetzt. Zum Charme des Buches tragen neben den sympathischen Charakteren auch die häufigen italienischen Satzteile bei.

Ellen Berg: 
Mach mir den Garten, Liebling! 
Aufbau Verlag, 2015

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