Der Frühpensionär Walter Dollinger hält nichts von Ertragsmaximierung in seinem Garten. Sein Ziel sind nicht Ernterekorde in Menge oder Grösse. Jahrzehntelang hat er in der Geschäftswelt Höchstleistungen erbringen müssen, bevor er von einem Tag auf den anderen aus gesundheitlichen Gründen die Arbeit aufgeben musste. Seinen Naturgarten sieht er nicht zuletzt deshalb in erster Linie als Lebensraum, in den er nur unterstützend eingreift. Sein direkter Nachbar, der eine ganz andere Gartenphilosophie vertritt, spricht denn auch von Verwilderung.
Ebenfalls einen anderen Zugang zum Garten als Dollinger hatte Johann Kunrath, das Opfer des «Radieschenmörders». Der unauffällige Mann hat völlig zurückgezogen gelebt und niemand hat näheren Kontakt mit ihm gepflegt. An den Jahresversammlungen des Gartenbauvereins Biberach ist er jeweils mit Anträgen aufgefallen, die eine Harmonisierung der Gärten zum Inhalt hatten – wohl mit dem Ziel, einen regionalen Gartenwettbewerb zu Gunsten von Biberach zu entscheiden. Die Satzung des Gartenbauvereins sieht vor, sich gegenseitig zu unterstützen. Als Vorstandsmitglied wird Dollinger deshalb an einer eilig einberufenen ausserordentlichen Vereinszusammenkunft ins Zweierteam berufen, dem die Pflege von Kunraths verwaistem Garten anvertraut wird, bis die noch unbekannten Erben diesen übernehmen.
Schon bei seinem ersten Einsatz beginnt der Frühpensionär an dem von der Polizei errechneten Todeszeitpunkt zu zweifeln. Die Höhe des nicht gemähten Rasens, die Anzahl Raupen, die sich auf den Weisskohlköpfen tummeln, Radieschen, die ausschiessen und auch die nicht ausgegeizten Seitentriebe an den Tomaten lassen ihn vermuten, dass die Natur schon einige Tage vor dem angeblichen Tattag das Zepter im üblicherweise perfekt gepflegte Kunrath-Garten übernommen hat. Mit seinen aus hortikultureller Erfahrung gewonnen Erkenntnissen macht sich Dollinger beim ermittelnden Hauptkommissar Schwerdtfeger nicht nur unbeliebt, sondern er gilt daraufhin auch gleich als tatverdächtig und mit ihm die anderen Gartenbauvereinsmitglieder.
In der Folge erhält er von diesen ganz offiziell den Auftrag, Licht ins Dunkle rund um den mysteriösen Mordfall zu bringen, damit wieder Ruhe im Ort einkehrt. Der Amateurdetektiv prüft parallel zu den polizeilichen Mordermittlungen die Alibis der Vereinsmitglieder und versucht mit einer Beziehungsgrafik Zusammenhänge zu erstellen und zu verstehen. Als ein Landstreicher als Tatverdächtiger verhaftet wird, zweifelt er an dessen Schuld. Walter Dollinger ist gewohnt zu agieren, damit andere reagieren müssen, und so schreckt er auch vor zuweilen illegalen und gefährlichen Aktionen nicht zurück und entwickelt seine ganz eigenen Methoden zur Sicherung von Beweismitteln. Er ist der Polizei immer einen Schritt voraus und wird von seiner Frau Karin tatkräftig unterstützt.
Dollinger scheint tatsächlich auf der richtigen Spur zu sein, denn er selber gerät ins Visier des Täters, doch auch ein als Drohung in seinem Garten platziertes Radieschen kann ihn nicht aufhalten. Neben seinen privaten Ermittlungen bleibt ihm aber auch immer wieder Zeit fürs Gärtnern und für Diskussionen mit anderen Gartenbauvereinsmitgliedern, etwa über den exakten Abstand zwischen Grashalmen im perfekt manikürten Rasen. Diesen Krimi habe ich hier schon einmal erwähnt kann abschliessend feststellen, dass sich die Lektüre unbedingt gelohnt hat. Ob man auf eine Fortsetzung im Rahmen einer Gartenkrimi-Serie hoffen darf? Während sich im englischen Sprachraum problemlos (Soft-)Krimis mit gärtnerischem Hintergrund finden lassen, sind deutsche Übersetzungen oder Originalausgaben doch als Mangelware zu bezeichnen.
Bernd Flessner:
Der Radieschenmörder – Ein perfider Garten-Krimi
BLV Buchverlag, 2015
©2012
habe den Blog gerade entdeckt. werde öfter vorbei schauen ich liebe Bücher lb ursula
Das klingt sehr gut, was du da beschreibst! Habe mir das Buch sofort bestellt.
Habe deinen Blog gerade erst über die Blogverlinkung von Dani entdeckt und bin begeistert! Hier werde ich bestimmt noch viele tolle Garten-Bücher entdecken, was für ein Fundus.
Liebe Grüße,
Annett
Ich freue mich sehr über die Radieschenmörder Rezension!
Vielen Dank und liebe Grüße
Dani