In ihrem vierten Gartenbuch zieht Barbara Frischmuth hortikulturelle Bilanz und berichtet von den Schwierigkeiten, sich vom grünen Flecken Beet für Beet abzunabeln. Während Jahrzehnten hat sie auf einer ehemaligen Hangwiese auf 800 Metern über Meer gegärtnert. Der Untergrund bestand zu Beginn aus viel Bauschutt, wenig darüber verteilter Erde und Gras. Den Mutterboden hatte der Bauführer ohne vorherige Rücksprache oder entsprechende Abmachungen verkauft. Der frühere Schulkollege konnte ja nicht ahnen, dass gerade eine Schriftstellerin einem Teil ihres Glücks in der Erde suchen (und finden) würde.
Diese Anfangsschwierigkeiten sind längst Schnee von gestern und andere Herausforderungen stehen an. Denn es lässt sich nicht verleugnen, dass mit dem Älterwerden immer mehr Tätigkeiten schwerer fallen und entsprechend mehr Zeit in Anspruch nehmen. Weniger Töpfe bepflanzen, einige Beete der Wiese zurückgeben – lautet das Credo. Doch was einfach tönt, ist in Tat und Wahrheit ein regelrechtes Dilemma. Welche Pflanze soll denn aufgegeben werden? Welcher Topf?
Und obwohl es eigentlich darum geht, die neue Gartensaison mit weniger Pflanzen in Angriff zu nehmen, werden beim winterlichen «Armchair Gardening» nichtsdestotrotz diametral andere Pläne geschmiedet. Das Verschieben von Grenzsteinen wird zufrieden als Gewinn von zusätzlicher Beetfläche registriert. Und auch die mehrfach erwähnten Besuche bei Sarastro in Orth im Innkreis lassen sich eigentlich nicht mit der vorstehend erwähnten Absicht vereinbaren. Immer wieder findet sich ein Plätzchen für immer wieder neue Pflanzenschätze.
Der Zwiespalt kommt auch in einigen der Kapitelüberschriften zum Ausdruck:
- Warum ein schmerzender Rücken manchmal glücklicher macht als die Idee, es sich im Alter immer bequemer zu machen
- Mach nur einen Plan
- Die Ambivalenz der Gefühle
- Von Mäusen, Lenzrosen und win-win-Situationen
Omnipräsent ist auch die grosse Leidenschaft der Autorin für Iris. Nicht nur die Blütenfarben lösen „muss-haben-Reflexe“ aus; ausgefallenene Pflanzennamen haben den gleichen Effekt. Daneben erfährt man von Barbara Frischmuths Vorliebe für vitaminreiches, frisches Grün wie Brennnessel, Giersch, Sauerampfer, Melde und Bärlauch, ihrem Pakt mit den Ameisen und der umfangreichen Sammlung von Etiketten sämtlicher Pflanzen, die im Garten ein langfristiges oder manchmals auch nur temporäres Daheim gefunden haben.
Thema in der illustrierten Beziehungsgeschichte sind auch Schmerzen in den Rippen und Knieprobleme. Und immer wieder setzt sich die Autorin detailreich mit Texten von bekannten Wissenschaftlern oder Schriftstellern wie Michael Pollan, Robert Harrison oder Charles Darwin (um nur einige zu nennen) auseinander.
Barbara Frischmuth:
Der unwiderstehliche Garten
Aufbau Verlag, 2015
©2012