In einem Schiffscontainer ist ein Kantonese mit seiner Familie aus China nach England gekommen. Seine Ehefrau hat die Strapazen der Reise nicht überlebt. Er selber ist schwer traumatisiert. Seine Kinder kümmern sich so gut wie möglich um ihn und versuchen zu vertuschen, wie schlecht es ihrem Vater wirklich geht. Die zuständige Betreuerin hat bisher vergeblich versucht, den stummen, eigentlich sprachgewandten Chinesen zum Reden und zur Erfüllung seiner Pflichten zu bringen. Nun verschafft sie der Familie eine Gartenparzelle in einer dezentral gelegenen Gemeinschaftsgartenanlage , die mehrheitlich von Engländern beackert wird.
Damit dringt zum wiederholten Mal unwillkommen die grosse, weite Welt in Form von Asylanten in die eingezäunte, scheinbar heile Welt der Parzellenpächter herein. Sehr zum Missfallen einzelner Gärtner. Geschürt wird das Missfallen und Misstrauen von „Big John“, dem dominanten Vorsitzenden, der meint, gute Zäune machen gute Nachbarn. Er lässt zwar die Gemeinschaft der zahlenden Mitglieder immer wieder abstimmen, doch steuert er subtil und zunächst auch erfolgreich, dass die Resultate seine Meinung widerspiegeln. Und was hat schon ein Querulant zu melden, der nicht einmal sein Gartenhaus in der (garten)politisch korrekten Farbe zu streichen vermag?
Ein Telekommunikationsanbieter plant gleichzeitig das Aufstellen einer Sendeantenne in der Gartenanlage und lockt mit viel Geld. Die Ideen und Wünsche der Pächter für die Verwendung sind vielfältig. Vielleicht lässt sich ja aus dem Verdrängen der ungeliebten ausländischen Nachbarn sogar Profit schlagen?
„Grow your own“ ist kein „how-to-grow-your-own-vegetable“-Film. Hintergrund ist ein ernstes Thema, angesiedelt im Schrebergartenumfeld und obwohl der Film immer wieder witzig ist, würde ich ihn nicht ins Genre Komödie einordnen. Die Geschichte lebt von den unterschiedlichen Charakteren – Angepasste, Mitläufer, Querulant und Möchte-Gerne-Querulanten und behandelt zwischen dem Anpflanzen von Kohl und Co. Themen wie Vorurteile, Rassismus, Respekt und Toleranz.
Parallel mit dem wiederholten Wechsel des Farbanstrichs sämtlicher Gartenhäuser findet ein Umdenken in den Köpfen der Gärtner statt. Dies äussert sich auch darin, dass der jährliche herbstliche Erntevergleich nicht mehr nur ein abgekartetes Spiel ist. Zum ersten Mal lässt sich auch mit dem Heranziehen von Ocra oder speziellen Melonen ein Preis gewinnen. Und sogar „Big Johns“ Sohn lässt sich nicht länger vom überlegenen Vater herumgängeln. Er trägt sein (zu) farbenprächtiges Hemd nicht mehr verschämt, sondern offen und merkt irgendwann sogar, welche „Biene“ ihn umschwärmt.
Grow your Own (DVD)
Richard Laxton
Pathe, 2007
©2012