Joan Hessayon: Capel Bells

Ein vermeintlich lukrativer Auftrag führt die aus einfachen Verhältnissen stammende junge Floristin Charlotte Blair nach Capel Manor. Von diesem ersten Grossauftrag seit der Eröffnung ihres eigenen Geschäfts in London verspricht sie sich nicht weniger als den Einstieg in die „Upper Class“. Doch während Charlotte die grosszügigen Räume inspiziert, ihre Dekorationsideen formuliert und Pläne schmiedet, stirbt der betagte Gatte der etwaigen Auftraggeberin. So verliert Charlotte auf einen Schlag nicht nur ihr verheissungsvolles Mandat, sondern sie verbaut sich durch ihre nicht standesgemässe Reaktion auf die Annullierung gleichzeitig die Hoffnung auf einen Zugang zu attraktiven und einträglichen Folgeaufträgen.

Doch die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Charlotte gibt sich nicht so einfach geschlagen. Nachdem die Besitzerin von Capel Manor kurze Zeit später ebenfalls verstirbt, ergreift die junge Frau die Möglichkeit, das Anwesen für ein halbes Jahr zu mieten. Damit übernimmt sie grosse finanzielle Verpflichtungen, aber auch eine grosse Verantwortung, zu denen das Führen und Bezahlen des Personals gehört. Ihre eigenen liquiden Mittel sind sehr bescheiden, doch sie erhält Unterstützung vom langjährigen Familienfreund Vic. Nichtsdestotrotz hat sie sich mit dem Halbjahresvertrag eine riesige Bürde aufgehalst, um ihrem Ziel berühmt zu werden, einen Schritt näher zu kommen.

Rasch stellt Charlotte fest, dass der Chefgärtner von Capel Manor sein eigenes Ding durchzieht. Statt sich gemäss seinem Pflichtenheft um die Gärten zu kümmern, widmet er sich hauptsächlich der Zucht seiner Lieblingsblumen, den Fuchsien. Ignorierend, dass niemand der Herrschaften Gefallen, geschweige denn ein minimales Interesse an diesen Pflanzen hatte oder hat. Obwohl Charlotte bemerkt, dass sie vom Gärtner ganz offensichtlich betrogen wird, zieht sie keine Konsequenzen. Und während der Gärtner von einer perfekten Fuchsien-Züchtung träumt, nutzt er diese Schwäche schamlos aus.

Doch auch an anderen Fronten ziehen Gewitterwolken auf. Nicht nur bleiben Einladungen und Aufträge von Nachbarn aus, Vic und seine Freunde ziehen die gutgläubige Charlotte in illegale Geschäfte hinein, die nach dem Schneeballprinzip funktionieren. Mehr schlecht als recht beginnt das Blumengeschäft schliesslich aufzublühen. Aber Charlotte ist keine Geschäftsfrau, sondern eine Künstlerin, die mit Blumen Kunstwerke schafft und auch mit dem Zeichnungsstift umzugehen vermag. Und während ihre reiche Kundschaft ihre Rechnungen oft erst nach Wochen oder sogar Monaten bezahlt, muss sie Auslagen für Blumen, Vasen und Dekorationen sofort bar bezahlen, was ihre finanziellen Verhältnisse trotz steigenden Umsätzen nicht unbedingt verbessert.

Das Pech scheint an Charlotte zu kleben. Immer wieder werden Aufträge abgesagt, weil ihr etwa die Schuld angelastet wird, dass Anwesen jeweils unmittelbar nachdem sie von ihr dekoriert worden sind, ausgeraubt werden. Dann steht eines Tages unerwartet Matthew Warrender, der Erbe von Capel Manor, vor der Türe, der seit Jahren im fernen Osten lebt und nichts von der Vermietung seines Landsitzes weiss.

Warrender ist beeindruckt von Charlottes Hartnäckigkeit und ihrem Kampfgeist und verschafft ihr den Kontakt zu englischen Gartengrössen wie Gertrude Jeykyll und Edward Augustus Bowles. Als er von den krummen Geschäften von Vic erfährt, verlangt er von diesem, dass er alle Aktien zum Rückkauf anbietet. Doch da die Anleger bereits einmal eine hohe Dividende ausbezahlt erhalten haben, die mit nachfolgenden Investitionen finanziert worden ist, wittern sie einen Betrug und glauben, sie sollen um hohe künftige Erträge geprellt werden.

„Capel Bells“ ist eine etwas altmodisch anmutende Lektüre rund Blumen, Gärten und Verwirrungen in der Liebe, die sich (nicht nur) ausgezeichnet als Abwechslung zu Gesetzestexten und Verordnungen empfiehlt. Von Joan Hessayon habe ich schon früher einmal einen Roman vorgestellt: The Helmingham Rose.

Joan Hessayon: 
Capel Bells 
Corgi Books, 1995

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