Katharina Hagena: Der Geschmack von Apfelkernen

Der kürzliche Start der Verfilmung der Literaturvorlage „Der Geschmack von Apfelkernen“ hat mich dazu bewogen, dieses schon vor längerer Zeit gekaufte Buch endlich mal zu lesen. In den letzten Wochen habe ich gleich zwei weitere Romane rund um Äpfel gelesen, und zwar „Eva und die Apfelfrauen“ von Tania Krätschmar und „Im Licht von Apfelbäumen“ von Amanda Coplin. Diese Buchvorstellung ist also gleichermassen der Start einer Miniserie über „Apfelromane“.

Es gibt Äpfel, die süss schmecken und solche, die säuerlich sind. Die einen sind saftig, andere weisen eine mehlige Konsistenz auf. Apfelkerne esse ich persönlich gewöhnlich nicht, sondern diese landen zusammen mit dem „Bitschgi“ im Grünabfall. Die Geschichte „Der Geschmack von Apfelkernen“ ist bittersüss – ob richtige Apfelkerne auch so schmecken oder tatsächlich nach Marzipan, wie an einer Stelle im Roman nachzulesen ist? Eigentlich wäre das ja schnell ausprobiert… Zum Inhalt:

Die Ich-Erzählerin Iris, eine Bibliothekarin an der Freiburger Uni-Bibliothek, die selber keine Bücher mehr liest, fährt für ein paar Tage in den Norden an die Beerdigung ihrer Grossmutter und um deren Nachlass zu ordnen. Die verstorbene Bertha Lünschen hat sich schon vor Jahren in ihre eigene Welt zurückgezogen, während ihr Mann deren Demenz mit Zorn und Scham erfüllte und diese Krankheit als peinlich und unehrlich empfand.

Im Garten verblühen gerade die Vergissmeinnicht und eine Hitzewelle hat das Land im Griff. In alten Kleidern durchforstet Iris das alte Haus und streift durch den Garten. Vorbei an Brombeergestrüpp, Johannisbeeren, durch die Obstbaumwiese und das Kiefernwäldchen und an den Ort des ehemaligen Wintergartens, genannt „Dat Palmhuus“. Bertha hatte alle ihre Pflanzen mit Namen gekannt und wenn Iris an ihre Grossmutter denkt, sieht sie diese als Gärtnerin vor sich.

Immer mehr längst verblasste und verdängte Erinnerungen und auch Familiengeheimnisse kommen an die Oberfläche – ausgelöst durch den Ort, durch Gerüche aus der Kindheit und nicht zuletzt durch Begegnungen mit Dorfbewohnern. Dazu gehören Erinnerungen an schöne Sommerferien und an ein tragisches Ereignis, das die ganze Familie für immer geprägt hat und noch heute Schatten auf die Lebenswege der Hinterbliebenen wirft. Und da ist der ebenfalls erwachsen gewordene Max, der jüngere Bruder einer früheren Freundin, den Iris als kleines Mädchen gar nie richtig wahrgenommen hat. Wie soll Iris sich entscheiden? Soll sie das geerbte Haus behalten oder sich definitv von der Vergangenheit und allen Erinnerungen trennen?

Ein traurig-schöner Roman über das Schicksal der Frauen aus der Familie Lünschen, über das Erinnern und Vergessen, über Unverzeihliches und den Einfluss auf vor langer Zeit getroffene Entscheidungen auf das weitere Leben. Besonders ansprechend ist das Titelbild des Buches: Apfelblüten und aufgeschnittene Äpfel, die als Metapher für das Leben und die Entwicklung von Iris‘ Leben gesehen werden können.

Katharina Hagena: 
Der Geschmack von Apfelkernen 
Verlag Kiepenheuer und Witsch, 2011

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