Der gutaussehende erfolgreiche 39jährige Jurist Frédéric Solis stellt Karriere und Geldverdienen über alles andere. Als aufstrebender Anwalt in einer renommierten Pariser Anwaltskanzlei ist er spezialisiert auf Scheidungen in der High Society. Wie ein dunkler Schatten liegt aber nach wie vor das spurlose Verschwinden seines Vaters kurz vor Weihnachten 1979 über seinem Leben. Nachwuchs in die Welt setzten möchte er deshalb unter keinen Umständen und schon als kleiner Junge hat er sich vorgenommen, niemals eigene Kinder zu haben. So hat er sich kürzlich auch ganz konsequent von seiner langjährigen Partnerin getrennt, als diese unbedingt eine Familie gründen wollte.
Frédérics ganze Leidenschaft gilt Gemälden mit poetischen Winterlandschaften von Impressionisten. Gerade hat er bei Sotheby’s ein kleines Bild von Sisley ersteigert, das sein Budget bei weitem übersteigt. In seiner Wohnung stapeln sich darum die Mahnungen, das Bankkonto ist überzogen und die Eigentumswohnung ist mit einer hohen Hypothek belastet. Da erhält er ein Schreiben von einem Notariat, bei dem er sich wegen einer Erbschaftsangelegenheit melden soll. Der Name des Erblassers ist Frédéric unbekannt, doch er rechnet trotzdem fest damit, eine stattliche Summe zu erben, die seine finanziellen Probleme löst und vielleicht sogar den Kauf weiterer Gemälde möglich macht.
Wie sich herausstellt, ist der Anwalt in Geldnöten zwar als Alleinerbe eingesetzt, aber der Nachlass besteht nur aus einer Schachtel, in der sich ein Zug- und ein Bootsticket sowie je eine Eintrittskarte für den Garten Monet in Giverny und das Musée d’Orsay in Paris und eine rätselhafte Schatzkarte im Zusammenhang mit einem verschwundenen impressionistischen Meisterwerk befinden. Die Fahrscheine sind alle für fixe Termine im Dezember ausgestellt und auf der Rückseite sind geheimnisvolle Verse notiert.
Frédéric beauftragt seine Assistentin Pétronille alle erhältlichen Informationen über den verstorbenen Fabrice Nile zusammenzutragen und macht sich mit den geerbten Tickets auf eine Spurensuche, die sich als schmerzliche Reise in seine persönliche Vergangenheit entpuppt. Der mysteriöse Nachlass scheint Auslöser für eine Katastrophe nach der anderen zu sein. Als Pétronille ein Fehler unterläuft, nutzt ihr strenger Arbeitgeber die Gelegenheit, ihr zu kündigen, da er sich ihre Arbeitskraft längst gar nicht mehr leisten kann. Deshalb erfährt er auch nichts von den von ihr festgestellten Verbindungen zwischen Fabrice Nile und seinem verschwundenen Vater, dessen Name sie aus dem Antrag für eine Reisepassverlängerung ihres Vorgesetzten kennt.
Ein gefühlvoll geschriebener Roman um verpasste Chancen, das „was-wäre-wenn“ und die weitreichenden Konsequenzen von einmal getroffenen Entscheidungen. Daneben spielt die die Rekonstruktion des bis in die 1970er Jahre überwucherten und verwilderten Gartens von Claude Monet in Giverny eine Rolle. Neben dem Erwecken desselben aus einem langen Dornröschenschlaf, machen die ständigen Erwähnungen von leckeren Windbeuteln immer wieder Lust aufs Naschen von Süssigkeiten.
Zum Schluss dieser Buchvorstellunge noch ein schöner Ausdruck von Caroline Vermalle, den sie Frédérics Vater und einem amerikanischen Gärtner bei einem Gespräch in Giverny in den Mund gelegt hat: Wenn einer gerne von anderen angelegte Gärten bewundert, hat er «ein grünes Auge». Von der gleichen Autorin erscheint übrigens nächstes Jahr ein Buch, das ebenfalls einen hortikulturellen Hintergrund vermuten lässt: „Eine Blume für die Königin“.
Caroline Vermalle:
Und wenn es die Chance deines Lebens ist?
Lübbe Ehrenwirth/Bastei Lübbe Verlag, 2013
©2012
Wiedermal eine superspannende Buchbeschreibung!
grosses Kompliment an die Sofagärtnerin!