Heidi Howcroft: Tee, Rosen & Radieschen – Neue Geschichten übers Leben im Garten-Paradies England

Mit „Tee, Rosen und Radieschen“ gibt Heidi Howcroft interessierten Leserinnen und Lesern ein weiteres Mal einen hortikulturell unterlegten Einblick in Sitten und Bräuche im sogenannten Garten-Paradies England. Die deutsche Autorin wohnt selber mit ihrer Familie dort, und zwar in einem Haus aus dem 17. Jahrhundert und der rund 500 Quadratmeter grosse Garten um den ehemaligen Bauernhof ist in einen Hang gebettet, der für ein gutes Kleinklima (und ein Funkloch) sorgt.

Sogenannte „Walled Gardens“ faszinieren Heidi Howcroft seit sie als Kind das Buch „Der geheime Garten“ von Frances Hodgson Burnett gelesen hat und sie hat eine Vorliebe für verwunschene Gärten. Selber ist sie kein ausgemachter Pflanzenfreak, der jede grüne Rarität im eigenen Garten haben muss, und auch keine Spezialistin im Gemüseanbau. Gleichwohl wälzt sie im Winter gerne Pflanzenkataloge und zieht in ihrem zweiten Garten, einem Feldgarten, ausschliesslich Gemüse, wie etwa Bohnen in verschiedenen Varietäten. Diese zweite Parzelle ist durch Kreuzwege in vier Rechtecke unterteilt und der auf dem Kontinent gärntnernde mitteleuropäische Leser wird vielleicht etwas neidisch ob der Bemerkung von wegen sich selber aussäenden Tomaten.

Die Autorin beschreibt anschaulich die Nachteile von Gärten auf dem Land, wenn diese genau auf der täglichen Runde von Dachsen liegen, die keine Mühe scheuen, an die mit ihrem verlockenden Duft die tierischen Nasen kitzelnden Erdbeeren zu gelangen. Dafür scheint dank dem Feldgarten auch der angetraute Ehemann plötzlich seinen grünen Daumen entdeckt zu haben. Merkwürdig nur, dass es in Anbetracht der (scheinbar) beträchtlichen Menge an investierter Zeit im Garten nicht richtig vorwärts geht. Des Rätsels Lösung liegt denn auch nicht in einer Gartenvirusinfektion, sondern am guten Netzempfang.

Des Weiteren berichtet Heidi Howcroft vom Überlebenskampf des lokalen Dorfpubs, dem Faible der Engländer für Schweine, der Entdeckung eines interessanten alten Gartenplanes von Thomas Mawson und von verschiedenen Gartenbesuchen, wo sie unter anderem auf den Spuren von Harald Peto in Iford Manor wandelt. Der Leser erfährt auch, warum man mit Vorteil in einem Auto mit Vierrad-Antrieb an die Cornwall Springshow anreist, und in einem Buch über England dürfen natürlich auch Bemerkungen zum Thema Wetter nicht fehlen – hier ergänzt um Tipps und geschichtliche Informationen rund um Gummistiefel und Regenbekleidung.

Der Leser begleitet die Autorin (in Grossstadtbekleidung) zu einem Besuch von Clarence House, dem ehemaligen Heim der Queen Mum, und liest über ganz spezielle Gemüse-Schlagzeilen. Weil nämlich ein regelmässiger Teilnehmer einer Leistungsschau mit seinem perfekten Gemüse unschlagbar war und anderen Teilnehmern mit einer tiefer angesetzten Messlatte zu einer Gewinnchance verholfen werden sollte, wurde der „Gemüsekönig“ aufgefordert, sich nicht mehr am Wettbewerb zu beteiligen. Das fragwürdige Ansinnen wurde grossflächig im nationalen Blätterwald weiterverbreitet und hatte zur Folge, dass heute wieder fast immer diejenigen gewinnen, die bereits vor der Ära des erfolgreichen Gemüsezüchters die ersten Ränge belegt haben.

Die deutsche Landschaftsarchitektin Heidi Howcroft ist mit einem Briten verheiratet und deshalb geradezu prädestiniert, über das englische Leben und die Unterschiede zum deutschen Alltag zu berichten. Allerdings darf der englische Nachname der Autorin nicht zur Annahme verleiten, das Buch sei mit typisch englischem Humor untermalt. Die Lektüre ist in eher trockenem Stil verfasst und die Ausdrucksweise lässt einem oft vielmehr bei der Lektüre eines Sachbuches wähnen. Die Autorin verliert sich manchmal recht stark in der Beschreibung von Details, während die Sofagärtnerin vergeblich auf eine witzige Pointe oder einen sonstigen Höhepunkt in den Geschichten gehofft hat.

Jetzt, wo ich diese Buchvorstellung schreibe, habe ich gerade die aktuellen Bilder aus England im Kopf, nachdem vor Wochenfrist der Sturm „Christian“ über die britische Insel – und mit besonderer Härte über Südwestengland – gefegt ist. Verbleibt nur zu hoffen, dass in den vielzitierten Gartenparadiesen keine allzu grossen Schäden angerichtet worden sind. 

Heidi Howcroft: 
Tee, Rosen und Radieschen – Neue Geschichten übers Leben im Garten-Paradies England
Deutsche Verlags-Anstalt, 2013

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