Harald Braun zieht im August 2003 von Hamburg weg alleine aufs Land. Sein neues Daheim liegt rund 35 km vor der Stadt in einem 5000-Seelen-Ort, auf dessen weitläufigem Gemeindegebiet die Einwohner weit verstreut leben in Häusern und Höfen zwischen viel Wiesen und Wald. Seine Freundin hatte ihn vor der Umsetzung der – oder besser seiner – Umzugspläne verlassen. Und so fühlt sich das neue Leben in der Provinz zunächst einmal völlig falsch an und die geheimen Träume vom romantischen Landleben zu zweit stellen sich im Nachhinein als reichlich absurd heraus. Die melancholischen Gedanken werden aber ziemlich erfolgreich verdrängt, indem die Zeit auf dem Land auf ein Minimum beschränkt wird. Für längere Zeit dient der neue Wohnsitz (wenn überhaupt) vorwiegend als Schlafstätte, die am Morgen Richtung Grossstadt verlassen wird, und in die der Hausherr erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder heimkehrt.
Im ersten Teil des Taschenbuches liest man aber zunächst, wie überhaupt der Wunsch nach einem Häuschen auf dem Land aufkam, die Suche nach einem solchen, dem Kauf, dem Umbau und natürlich über den Schlussstrich unter die langjährige Beziehung zu seiner im Buch Anna genannten Partnerin. In der (vom Autor so bezeichneten) Pampa entpuppt sich bereits die klosterähnliche Stille als gewöhnungsbedürftig. Etwas Leben in die Bude bringt die Katze, die mitsamt dem Kaufvertrag übernommen worden ist.
Aus einem extrem ausgeprägten Kopfmensch mit zwei linken Händen wird auch auf einem Resthof zwischen Wiesen und Weiden nicht automatisch ein Profi-Handwerker, aber doch mehren sich mit der Zeit Erfolgserlebnisse in diese Richtung. So leistet der Hausherr als Handlanger bald brauchbare Dienste, nagelt Decken an die Schuppenwand und streicht den Gartenzaun.
Ein paar wenige Seiten in dieser selbstkritischen und –analytischen Lektüre, die einem vertieft an männlichen Gedankengängen teilhaben lässt, werden dem Garten rund ums Haus gewidmet, der von einem Gärtner betreut wird. Da geht’s um Erdbeeren und Schatten, Ananas in Schleswig-Holstein sowie Giersch und einmal ist die Rede von einem Baumschulist, der einen fast völlig zubetonierten Garten von rund 1’000 m2 sein eigen nennt, weil er privat keine Lust hat, Dreck unter den Fingernägeln zu produzieren.
Und ziemlich am Schluss des Buches erfährt die Leserin auch noch, was es mit dem perfekten Gummistiefelgefühl auf sich hat. Dazu gehören (Zitat aus dem Buch) „Wind, der einem um die Ohren bläst, Regen …“ – aber lesen Sie doch selber in diesem humorigen Buch nach. Dieses wird übrigens gerade remittiert. So hat es als Zufallsfund auf einem Ausverkaufstisch doch noch den Platz in meiner ewigen Wunschliste mit einem auf dem Bücherregal getauscht.
Harald Braun:
Das Gummistiefel-Gefühl
Bastei Lübbe, 2011
©2012