Heinrich Weil ist verstorben. Zuletzt hatte der alte Mann zurückgezogen in einer kleinen heruntergekommenen Wohnung gelebt. Bei der Räumung seiner vier Wände finden sich aber doch ein paar Schätze wie etwa Loniceru’s „Kreuterbuch“ aus dem Jahr 1713, Chaumetons „Flora médicale“ und zwei Pflanzenkupfer aus dem „Hortus Eystettensis“.
Bei der Testamentseröffnung schliesslich stellt sich heraus, dass der Verstorbene sogar ein kleines Vermögen zu vererben hat. Die Auszahlung von Euro 30‘000 hat Heinrich Weil aber an eine Bedingung geknüpft. Und zwar soll derjenige erben, der den Erblasser von jedem Verdacht einer Schuld reinwaschen kann, die sein Leben zerstört hat. Im Sommer 1977 verstarb nämlich während einem Sommerfest ein ihm anvertrautes junges Mädchen namens Marion unter nie geklärten Umständen. An Heinrich Weil aber blieb zeitlebens ein Verdacht haften, Schuld an dessen Tod zu sein. Sollte innert drei Monaten kein Licht ins Dunkel dieser letzten Stunden von Marion gebracht werden können, fällt das Erbe an eine Stiftung.
Die Erben von Heinrich Weil sind die Geschwister Lina und Karl, deren Vetter Horst Eilemann sowie eine Madame Ernest Calvet, die aus gesundheitlichen Gründen von einem Anwalt vertreten wird. Die drei jungen Leute machen sich getrennt auf, ihre Fähigkeiten als Amateurdetektive zu testen und herauszufinden, ob nach so vielen Jahren noch jemand für eine Tat zur Rechenschaft gezogen werden kann oder ob es sich vielleicht doch einfach um einen tragischen Unfall gehandelt hat und ein Skandal vertuscht worden ist.
Was für ein Geheimnis steckt hinter diesem Jahrzehnte zurückliegenden Todesfall und wer war Heinrich Weil? Lina hat als kleines Mädchen wiederholt die Sommerferien bei ihm und Tante Rose in der Villa Buchfinkenschlag verbracht und sie erinnert sich an stundenlange Wanderungen und einen grossen Vogelliebhaber und Anekdotenerzähler. Heute ist Lina vierzig Jahre alt und Inhaberin des Hotel Garni Augusta mit fünf Gästezimmern. Ihr Leben ist durchorganisiert und von Gewohnheiten geprägt, während ihr Bruder seine Brötchen als Antiquar verdient und nicht besonders gut mit Geld umgehen kann. Vetter Horst wiederum ist Autor, Journalist und in erster Linie ein Profiteur mit dem Ziel, mit möglichst wenig Aufwand ein Maximum an Ertrag zu erwirtschaften.
Unter Onkel Heinrichs Hinterlassenschaft findet Lina einen Zettel, auf dem Tante Rose diesen einer Schuld bezichtigt und fortschickt. Zusammen mit ihrer gartenverrückten Mutter Berta Weil fährt Lina an den mutmasslichen Ort des Verbrechens. Das Gittertor zur Villa Buchfinkenschlag ist geschlossen und das Gebäude selber wie auch der Garten scheinen auf den ersten Blick völlig vernachlässigt und verlassen. Die beiden Frauen verschaffen sich Zutritt und treffen auf einen Mann; den attraktiven Gärtner Johann, der wie sich herausstellt, einen ausgeprägten Hang zu giftigen Pflanzen hat. Welche dunklen, grünen Geheimnisse verbergen sich hinter den Mauern von Buchfinkenschlag?
Ein spannender Gartenkrimi, bei dem nicht nur der Titel hortikulturell ist. Immer wieder streut die Autorin ihr umfangreiches botanisches Wissen ein. Zu lesen gibt es dabei auch Absurdes (über tierisches Kompostmaterial), Zerstörerisches (Geländewagenfahrer, der Beete plattwalzt) oder ganz einfach Hinweise für Besucher von offenen Gärten (bitte die Anpflanzung loben, nicht die tolle Aussicht). Lina selber hat keine Ahnung von Blumen, aber ihre Mutter ist eine leidenschaftliche Gärtnerin, die in ihrem Garten Gestaltungselemente von Colette übernommen hat und der Meinung ist (Zitat), „man dürfe Eigentumsverhältnisse nicht ganz so eng sehen, wenn es um die Ausbreitung von wünschenswerter Vegetation geht“. Ausserdem tut sie sich schwer, ihren „schwangeren“ Agapanthus alleine zu lassen, der erstmals seit drei Jahren Blütenknospen trägt, die sich jeden Tag entfalten können.
Auch ohne Leineneinband ist die Fortsetzung der immer schön anzuschauenden Pocket-Size-Gartenlesebücher aus dem Schöffling Verlag eine überaus erfreuliche Sache. Verbleibt mir nur noch Sie vor spitzen Regenschirmen zu warnen und darauf hinzuweisen, dass im Leben alles irgendwann zurückbezahlt werden muss.
Elsemarie Maletzke:
Giftiges Grün – Ein Gartenkrimi
Schöffling und Co., 2013
©2012