Das Jahrbuch 2013 der Schweiz. Gesellschaft für Gartenkultur (SGGK) lotet die Grenzen aus zwischen Hoch- und Populärkultur im Gartenbereich. Als Beispiele dienen dabei unter anderem der Gletschergarten Luzern, Familiengärten oder «Chinampas», eine Art Kleingartentradion aus dem Alten Mexiko.
Warum präsentieren sich Michelle Obama und Angela Merkel gerne im Garten? Weshalb sind Kleingärten bei jüngeren Leuten immer beliebter und aus welchem Grund erfreuen sich Gartenfestivals steigender Beliebtheit? Was ist elitär, was populär und wo liegen Konfliktpotentiale?Annemarie Bucher setzt sich in ihrem Beitrag mit dem Titelthema „Gärten zwischen Kunst, Luxus und Alltag“ auseinander. Sie stellt Künstlergärten oder sogenannte Gegenwelten vor und gibt einen kurzen Einblick in die Geschichte der Gartenzwerge und der Blumenuhr. Dabei stellt sie fest, dass die beiden letzteren nicht eindeutig dem Kitsch oder der Kunst zuzuordnen sind und die von der Gartengestaltung und den Gärten ausgehende Botschaft häufig keine individuelle ist, sondern eine dem zeitgenössischen Geist und der Mode entsprechende.
Der Bidergarten über Langenbruck, dem höchstgelenen Dorf im Kanton Basel-Landschaft, entstand im Rahmen einer Umgebungsgestaltung, als in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Tourismusgeschäft aufgebaut wurde, das neue Einnahmequellen erschliessen sollte. Inzwischen sind viele Bauwerke verschwunden oder dem Zerfall ausgesetzt. Das ursprüngliche Konzept ist längst überholt bzw. einem überwachsenen, aber nicht weniger attraktiven Waldgarten gewichen. Johanna Strübin hat die Entwicklung und den Niedergang dieses Gartens im Auftrag der zuständigen Denkmalpflege analysiert und aufgrund dieser Recherchen diesen Artikel verfasst.
Über den Einfluss von Überschwemmungen, Friedenszeiten und die Verbindung von Wohlstand auf das Selbstbewusstsein und die Traditionen in der Bauerngartengestaltung liest man in der Würdigung des vor rund hundert Jahren erschienenen Büchleins „Der alte Bauerngarten“ von Hermann Christ. Niklaus von Fischer vergleicht das Emmental und das Seeland miteinander und geht auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und äusseren Einflüsse ein. Der Autor Christ hatte sich seinerzeit mit den sogenannten Hausväterbüchern auseinandergesetzt und die Geschichte des Bauerngartens aufgearbeitet. Gleichzeitig prägte er die nachfolgenden Generationen an Bäuerinnen und (falsche) Interpretationen führten und führen auch heute noch zu ganz speziellen «Bauerngartenneuschöpfungen“.
Gabi Lerch schliesslich berichtet über eine traditionelle, aber nicht mehr häufig praktizierte Anbauweise, genannt Chinampas in Mexiko. Sie betont, dass es sich dabei nicht wie vielfach falsch bezeichnet um „schwimmende Gärten“ handelt, sondern um künstliche Inseln im See, die durch eine ganz spezielle Technik der Landgewinnung entstehen und nur über Wasserstrassen erreichbar sind. Auf diesen so gewonnen sehr fruchtbaren Parzellen werden Früchte, Gemüse und Blumen angebaut.
Weitere Beiträge befassen sich mit der Frage, ob Schweizer Kleingärtner etwas mit Schreber, auf den der Ausdruck Schrebergarten zurückgeht, zu tun haben wollen (Gert Gröning), dem Gletschergarten Luzern, Gartenkunst zwischen Tourismus und Populärwissenschaft (Johannes Stoffler) und einem Avant-Garten der Avantgarde (Suzanne Krizenecky). In der SGGK-Vitrine ist der botanische Garten Genf ein Thema und man erfährt vom Familiengartenglück über Zürich und dem Anpassen von Clemens Bornhausers Wünschen an die Diskrepanzen, sprich dem Loslassen vom mediterranen Gartentraum und dem Sich-Anpassen an die windigen Verhältnisse. Der Tagungsbericht „Gartenerbe – Zur Erhaltung historischer Gartenanlagen trotz Eigentümerwechseln“ und diverse Buchbesprechungen runden die interessante Publikation ab.
Schweiz. Gesellschaft für Gartenkultur SGGK (Hrsg.):
Topiaria Helvetica 2013 – High & Low – Gärten zwischen Kunst, Luxus und Alltag
Vdf Hochschulverlag, 2013
©2012