Die Amerikanerin Barbara Paul Robinson führt den Leser in dieser Biografie in dreizehn Kapiteln durch das Leben von Rosemary Verey (1918 – 2001). Die Autorin selber arbeitete im Frühling 1991 während einem Sabbatical für einen Monat im Garten der damals 72jährigen legendären englischen Gärtnerin und aus diesem kurzen Arbeitsverhältnis ohne Bezahlung resultierte eine Freundschaft.
Rosemary Verey selber kam erst relativ spät zum Gärtnern. Ihr diesbezügliches Interesse wurde durch ihren Mann David geweckt, der ihr in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts alte Gartenbücher von seinen Reisen mitbrachte. Ihr Hauptinteresse galt aber weiterhin in erster Linie Pferden und der Jagd, während David selber erste gärtnerische Veränderungen rund um den 1697 erbauten Familienwohnsitz Barnsley vornahm. Er provozierte seine Frau und stachelte deren gärtnerischen Ehrgeiz an, als er den dannzumal bekannten Gartendesigner Percy Lane engagierte. In der Folge wurde der Profi wieder unverrichteter Dinge nach London zurückgeschickt und Rosemary Verey hatte eine ihrer ersten wichtigen hortikulturellen Lektionen gelernt: Der Garten gehört dem Kunden, nicht dem Gestalter. Zusammen mit ihrem Mann, der über einen architektonischen Leistungsausweis verfügte, begann sie daraufhin ernsthaft, den Garten von Barnsley und bald einmal auch weitere Gärten umzugestalten.
Rosemary Verey tauchte genau zu der Zeit in der englischen Gartenszene auf, als sich die englische Wirtschaft endlich von den Folgen von zwei Weltkriegen erholt und das Volk genug hatte von “low-maintenance-gardens“. Ihr Geschmack lehnte sich an alte Gartentraditionen und klassische Gärten an und sämtliche von ihr entworfenen Gärten waren sehr pflegeintensiv. Zu ihren Kunden zählten auch Elton John und Prinz Charles. Ganz besonders aber wurde sie von den Amerikanern geschätzt und sie fungierte als eine Art Brückenbauerin zwischen England und Amerika.
Ende 1968 verfasste Rosemary Verey ihre ersten Artikel und schrieb später regelmässig Beiträge für „The Countryman“. 1980 erschien ihr erstes Gartenbuch «The Englishwoman’s Garden» (in Zusammenarbeit mit Alvilde Lees-Milne), dem noch sechzehn weitere Publikationen (z.B. „Rosemary Verey’s Garden Plans“, „Good Planting“ und „Classic Garden Design – How to Adapt and Recreate Garden Features of the Past“) folgten. Ihre Botschaft lautete: Jeder kann nach der Lektüre meiner Bücher oder nach dem Besuch meiner Vorträge einen Garten planen und gestalten. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1984 war die Witwe zeitlebens von Geldsorgen geplagt und gezwungen, mit Gartengestaltung, Buchverkäufen, Vorträgen, Gartenführungen und dem Öffnen ihres privaten Gartens für das Publikum Geld zu verdienen.
Barbara Paul Robinson zeichnet ein detailliertes Bild der vielschichtigen Persönlichkeit Rosemary Vereys. Diese verfügte über einen ansteckenden Enthusiasmus. Sie war hart zu sich selber und verlangte von den Menschen in ihrer Umgebung das gleiche Engagement. Dabei war und blieb aber immer sie selber die Chefgärtnerin. Die Engländerin war ausgesprochen kontaktfreudig und hatte viele Bewunderer. Sie war sehr hilfsbereit und eine ausgezeichnete Networkerin. Auf Facebook hätte sie heute wohl unzählige Freunde. Ihre hortikulturelle Karriere wurde aber auch von Rückschlägen und Enttäuschungen geprägt, etwa wenn „ihre“ Gärten ohne ihr Wissen wieder verändert wurden oder ihre einzige Teilnahme an der Chelsea Flower Show „nur“ eine Silbermedaille einbrachte. Auch charakterbedingte negative Seiten der Gartendesignerin, teilweise auf ihre Einsamkeit zurückzuführen, werden im Buch immer wieder betont. Ausserdem fühlte sich Rosemary Verey oft minderwertig, weil sie keine fachliche gärtnerische Grundausbildung vorweisen konnte.
Helen Mirren, die Hauptdarstellerin im Film „Greenfingers“ hat sich übrigens vor den Dreharbeiten mit Rosemary Verey getroffen, um für ihre Rolle im Film über die Gefängnisgärtner zu recherchieren und sich inspirieren zu lassen. Rosemary Vereys eigener Garten Barnsley wirkt gemäss Anmerkung im Epilog heute vernachlässigt. Das Gebäude ist nicht mehr im Familienbesitz und zu einem Hotel mit Spa umgebaut worden.
Barbara Paul Robinson:
Rosemary Verey – The Life and Lessons of a Legendary Gardener
David R. Godine Publisher, 2012
©2012
danke für die ausführliche rezension – ein buch, dass mich sehr interessiert!
Brigitte