Stefan Leszko: Gärtner – Der schönste Beruf der Welt

Planen Sie, in nächster Zeit Aufträge an Gärtner zu vergeben? Dann sollten Sie sich quasi zur Einstimmung dieses humorige Büchlein zu Gemüte führen. Aus den genauen Beobachtungen des Autors können Sie erfahren, wie Berufsgärtner wirklich ticken und sich entsprechend auf das Abenteuer Gartenumgestaltung einstellen.

Stefan Leszko schreibt und zeichnet seit 2009 für das Landschaftsgärtner-magazin DEGA GALABAU. Seine unterhaltsamen Kolumnen – von einem Kollegen etwas despektierlich als Gefälligkeitsjournalismus abgetan – sind nun einer kleinen Publikation zusammengefasst worden. Die auf eigenen Erfahrungen und Erlebnissen basierenden Artikel stehen beispielsweise unter dem Motto „Telefonpsychologie“, „Eindringliche Warnung eines Geläuterten“, „Selig, die reinen Herzens sind“, „Nein, mein Merkblatt les‘ ich nicht!“ oder „Verhaltensregeln für einen schlechten Auftraggeber“. Die 41 Alltagsgeschichten sind mit spitzer Feder verfasst und werden immer wieder aufgelockert durch Formulierungen wie jener, dass sich in Wirtschaft und Politik viel Totholz im Kronenbereich finden lässt und regen zum Nachdenken an.

Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und über sie lässt sich nicht streiten. Und warum soll sich der Gärtner wundern oder gar ärgern, wenn dem Kunden Cotoneaster gefällt, der praktisch den ganzen Garten überwuchert, aber das stachelige Grünzeug, das dazwischen noch tapfer gedeiht, entfernen lassen will? Grünzeug, bei dem es sich um bedauernswerte Rosen handelt. Interessant sind auch die Überlegungen hinsichtlich der Vorteile von dummen Schülern, dank denen schliesslich ganze Wirtschaftszweige florieren. Man denke nur an all die Nachhilfelehrer, Therapeuten und anderen Berufsleute, die gut an diesen verdienen.

Und wozu soll sich der Berufsgärtner mit den Bedürfnissen von Pflanzen abplagen, wenn der Kunde mit Kies, Stahl und Beton im Garten zufrieden ist? Denn schliesslich (und glücklicherweise) handelt es sich dabei nur um eine Modeströmung, die bald wieder von der nächsten abgelöst wird. Und spätestens in ein paar Jahren kommt alles Nicht-Grüne wieder aus dem Garten raus. Schliesslich sind wechselnde Trends gut für das Geschäft und die Wirtschaft wird dadurch genauso angekurbelt wie von den oben erwähnten weniger intelligenten Schülern.

Den Titel „Wirtschaftswachstum“ trägt der Artikel, in dem der Autor über einen leistungsstarken dreiachsigen LKW berichtet, den ein Chauffeur mit schweisstreibender Präzision in Milimeterfortschritten rückwärts zum Ziel manövriert, das in einer nicht ungewöhnlich schmalen Wohnstrasse liegt. Wichtiges nicht zu vernachlässigendes Detail bei dieser Beobachtung ist der Grund für den Kauf des Riesenvehikels durch den Chef des Lastwagenfahrers. Mit dem Riesenteil soll nämlich Geld gespart werden, weil grössere Lasten auf einmal transportiert und damit die Anzahl Fahrten reduziert und Zeit eingespart werden kann (oder besser soll).

Wir haben in unserem Garten diesen Frühling grössere Umgestaltungsarbeiten durch einen kleinen Fachbetrieb erledigen lassen. Nun, auch nach der Lektüre dieses ausgesprochen unterhaltsamen Büchleins – ich musste immer wieder laut lachen – kann ich etliche Vorkommnisse, die während dieser Arbeiten vorgefallen sind, nicht besser nachvollziehen, geschweige denn verstehen.

Wieso schmeisst ein Gärtner seine Rechen und Schaufeln auf ein Blumenbeet mit Astrantien und Tradescantien (live durchs Fenster beobachtet), wenn sich direkt daneben ein leergeräumter Sitzplatz befindet? Liegt dieses Werkzeug lieber etwas weicher? Oder warum werden sämtliche Schrauben an den Zaunpfählen nicht angeschraubt, wenn hernach für den Transport der Bodenfräse in den nur schwer zugänglichen hinteren Gartenteil der Zaun nicht wieder geöffnet wird, sondern die schwere Maschine dem Haus entlang auf einem viel zu schmalen Weg transportiert wird und dabei sämtliche Minifunkien, Bergenien und andere Stauden zur schönsten Gartenjahreszeit plattgewalzt werden? Der Ersatz für eine bei dieser Aktion ebenfalls in Mitleidenschaft gezogene Echinacea wird dann zuvorkommend, aber leider ohne Rücksprache in einer zuvor als Tabuzone bezeichneten Rabatte direkt vom Fachmann eingebuddelt. Er kann ja schliesslich nicht ahnen oder gar wissen, dass genau dort Herbstzeitlosen und Cyclamen versteckt auf ihren nächsten Auftritt warten.

Das ist (leider) nur eine minimale Auswahl der bei der Umgestaltung eines klar bezeichneten Bereiches erlebten Zwischenfälle. Als leidenschaftlicher Hobbygärtner werden Sie sicher verstehen, dass ich mich schon jetzt sehr auf den nächsten Frühling freue, wenn die Stauden (hoffentlich!) in neuer Frische austreiben werden und ich mich wieder nunmehr über meine eigenen gärtnerischen Unzulänglichkeiten ärgern muss und ein paar tierische Störenfriede. Aber jedenfalls nicht über Zweibeiner, die am Schluss auch noch teuer bezahlt werden müssen … Und natürlich werde ich mich auch hüten, letzterem zu erzählen, dass die neu ausgetriebenen Bergenien ohne Frassspuren von Dickmaulrüsslern eigentlich viel schöner aussehen als die älteren Exemplare, die den unsachgemässen Maschinentransport unbeschadet überlebt haben.

Stefan Leszko: 
Gärtner – Der schönste Beruf der Welt / 40 und ein Abenteuer aus dem Alltag eines Gartengestalters 
Ulmer Verlag, 2012

PS: Die Gartenumgestaltung ist trotz dem schlechten Bei- und Nachgeschmack gut gelungen und macht Freude. Als qualifizierte Buchgärtnerin gehört frau wahrscheinlich auch nicht gerade zur Traumkundschaft des Berufsgärtners!

Aber nun sollte ich wirklich endlich den fehlenden Drahtspanner am Zaun anbringen, der nach dem Kauf  einer Dreierpackung (einzeln leider nicht erhältlich) vor einem halben Jahr immer noch herumliegt. Aus mir unerklärlichen Gründen wurden vom Gärtner nämlich nur ungefähr 15 dieser Teile angebracht und eines fehlt nach wie vor. Aber irgendwann mag man sich als Auftraggeber einfach nicht noch „pinggeliger“ vorkommen und nimmt die Dinge besser selber in die Hand und/oder schreibt sich den Frust im Gartentagebuch, einem (auf Anraten des Ehemannes schliesslich doch nicht abgeschickten) Email oder einem Blogbeitrag von der Seele!

This is a post from Die Sofagärtnerin.
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3 thoughts on “Stefan Leszko: Gärtner – Der schönste Beruf der Welt

  1. Ja, die Gärtner sind manchmal skurrile Gesellen. Es gibt wohl keine andere handwerkliche Berufsgattung deren Anspruchsgruppen zuweilen ähnlich leidenschaftlich sind. Und genau dieses Spannungsfeld – welches sowohl im Buch von Stefan Leszko als auch der Buchvorstellung der Sofagärtnerin so treffend zur Geltung kommt – fasziniert mich täglich aufs Neue. Vielen Dank an beide „Parteien“: Auf dass wir uns noch lange aneinander reiben dürfen! Viele Grüsse von einem anderen "Sofagärtner".

  2. Vielen Dank für das Angebot. Vielleicht komme ich bei Gelegenheit darauf zurück. Im Momtent ist das Thema eigentlich "gegessen". Ich konnte einfach der Versuchung nicht widerstehen, ein paar "Müsterli" von der Gegenpartei in die Buchvorstellung einfliessen zu lassen…
    LG

  3. Also, quasi als Patenonkel des oben – sehr schön – besprochenen Büchleins biete ich Ihnen jederzeit gerne an, Ihnen bisher vollkommen unverständliche Vorkommnisse bei der Gartengestaltung zu erklären. Das ist nämlich quasi mein Beruf: Landschaftsgärtnererklärer 😉
    Mit besten Grüßen,
    Tjards Wendebourg
    Verantwortlicher Redakteur DEGA GALABAU
    http://www.ulmer-galabau.de

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