Es lässt sich wohl endlos darüber diskutieren, ob geschlechtergetrennte Gartenbücher nun sinnvoll sind oder nicht. Nach verschiedenen Publikationen ausschliesslich über Gärtnerinnen erscheint nun mit „Sein Garten“ innert weniger Monaten ein zweites Buch, in dem ausnahmslos gärtnernde Männer vorgestellt werden. Stefan Leppert schreibt im Vorwort gleich selber über sein Befremden als er eine Verlagsanfrage für das Verfassen eines diesbezüglichen Themenbuches erhalten hat. Nun, er hat seine anfänglichen Vorbehalte glücklicherweise überdacht und lesende Gärtner und Gärtnerinnen dürfen sich auf eine informative und gleichzeitig unterhaltende Lektüre freuen und so nebenbei auch Ideen für den eigenen Garten entdecken. Und wer weiss, vielleicht lohnt es sich schon bald, dass in der kürzlich besuchten Berner Buchhandlung mit einem umfangreichen Gartenbuchsortiment neben der schon vorhandenen Regalbeschriftung „Frauen und ihren Gärten“ bald einmal auch ein Schildchen „Männer und ihre Gärten“ angebracht wird?
Nach dem Lesen von Kapitelüberschriften wie „Mittelchen gegen Reiselust“, „Charmante Pedanterie“, „Das Ziel heisst Machen“ oder „Kohl und danach ins Konzert“ steigt die Vorfreude auf Bilder und Texte. Der Einstieg ins Buch beginnt dann zunächst mit einer Doppelseite voller kleinformatiger Bilder mit Händen: solchen, denen man die Gartenarbeit ansieht, hinter anderen vermutet man eher den Gelegenheitsgärtner oder es sind Extremitäten, die zum Gärtnern vermutlich jeweils in Handschuhen stecken. Welche Hände können wohl welchem Gärtner zugeordnet werden? Gar nicht so einfach. Schliesslich weiss man erst nach der Lektüre, dass im Buch Berufsgärtner und Gartenverwalter ebenso vertreten sind wie passionierte Hobbygärtner, die sich ihre hortikulturellen Kenntnisse oft autodidaktisch angeeignet haben. Zum Abschluss des Buches gibt es schliesslich nochmals eine Serie Fotos – diesmal haben die Gärtner Scheren, Rasenmäher und Kessel fest im Griff. Doch mehr als diese Fotos interessieren den Leser natürlich die sechsundzwanzig Portraits zwischen diesen Bilderreihen.
Johannes Bauersachs beispielsweise pflegt ein Gartendenkmal. Als Maler bewahrt er das gärtnerische Erbe der Künstlerin Hannah Höch. Der heutige Besitzer hat keine Ambitionen, die ursprüngliche Gartengestaltung massgeblich zu verändern. Änderungen in der Bepflanzung ergeben sich aber zwangsläufig von selbst, wenn sich die Lebensbereiche der grünen Bewohner verändern, weil Gehölze wachsen und sich die Licht- und Bodenverhältnisse entsprechend anpassen.
Den Garten, dem das Kapitel „Ein Sammelsurium, eine Schatzkammer auf Zeit“ gewidmet ist, stellte ich mir zunächst aufgrund des Textes als Tummelfeld eines Messies vor. Die genauere Betrachtung der Bilder aus dem Saxdorfer Pfarrgarten relativierte diese Annahme wieder. Geometrie scheint ein Fremdwort zu sein und der Autor schreibt von subjektiv empfindbarer Geschmacklosigkeit sowie Mass- und Ziellosigkeit, die sowohl bewundert als auch belächelt werden. Was fehlt, sind Geld und junge Gärtner, die bereits sind die Geschichte dieses Sammelsuriums weiterzuschreiben und weiterzuentwickeln.
Weitere Portraits beschäftigen sich beispielsweise mit Goethe, Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Derek Jarman, den ersten Deutschen, die von Piet Oudolf einen Privatgarten gestalten liessen, einem Rosenheini, dem seine Rosenliebe beim Besuch des Autors im wahrsten Sinne des Wortes ins (zerkratzte) Gesicht geschrieben ist oder dem Galantophilen Günter Waldorf. Dazwischen eingebettet sind Interviews mit dem Staudengärtner Dieter Gaissmayer und dem Landschaftsarchitekten Uwe Isterling, der aus seinem langjährigen Planerleben erzählt.
Interessant auch der Einblick im Kapitel „Einsäen tun andere“, wo über drei beruflich stark eingebundene Männer berichtet wird, die auf sogenannten „GemüseSelbstErnte-Parzellen“ gärtnern. Sie sind Pächter von ungefähr 80 Quadratmeter grossen Anbauflächen, die nur durch Schnüre vom Gartennachbarn getrennt sind, und vom Verpächter im Frühjahr mit rund fünfundzwanzig verschiedenen Gemüsesorten eingesät werden. Von Mai bis November hegen und pflegen die Männer diese Pflanzen und können auf diese Weise ohne Verpflichtungen, die beispielsweise eine Vereinsmitgliedschaft mit sich bringen würde, monatelang frisches Gemüse ernten und verwerten.
Die Texte sind eher kurz und knapp, aber in einem lockeren Schreibstil verfasst und die Vorlieben und Beweggründe warum die Gärtner genau diesen ihren Gartenstil ausgewählt haben, sind für den Leser dennoch gut nachvollziehbar. Der letzte Satz der Portraits gilt ausserdem oft der Empfehlung von weiterführender Lektüre in Papierform oder im Internet. Unter den abgebildeten Gärten sind auch welche, die es wahrscheinlich nicht in Hochglanzpublikationen schaffen würden. Sie sind nicht perfekt, aber genau richtig. Nicht jedes heruntergefallene Blatt wurde vor dem Drücken auf den Auslöser weggewischt, nicht jedes Gehölz akkurat zurückgeschnitten. An einer Stelle schreibt der Autor selber von einem nicht unbedingt fotogenen Garten. Dazu heisst es dann passend im Portrait von Karl Ganser, dass der Garten nur ihm und seiner Frau gefallen muss und ihnen allein ein Ort der Freude und Beschäftigung sein soll. Keinesfalls muss er den Ansprüchen von Besuchern und Fotografen dienen.
Und übrigens Männer gärtnern nicht zwangsläufig anders als Frauen. So eng darf der Titel dieses Buches auch nicht gesehen werden. In mehr als einem der hier portraitierten Gärten trägt die Bepflanzung auch die Handschrift der mitgärtnernden Partnerin. Denn nicht überall wünscht sich die Frau nur eher im Geheimen einen etwas anderen Gartenstil. Darüber könne man reden, meint zwar der Gärtner, was aber noch lange nicht heisst, dass der Garten dem Geschmack der Gattin angepasst wird.
Stefan Leppert:
Sein Garten – Wenn Männer Gärtner werden
Deutsche Verlags-Anstalt, 2012
©2012