Antiquarische Lieblingslektüre

Zu meiner Lieblingslektüre zählen schon seit etlichen Jahren neben Kolumnen-Büchern von Gärtnerinnen und Gärtnern Gartenbücher, die in Romanform geschrieben sind. Während ich Anfang der 90er-Jahre noch in einem Inserat in einer grösseren Gartenzeitschrift Tipps für weitere vergnügliche Lesestunden gesucht habe (und tatsächlich auch etliche erhalten habe), erweitere ich meine Bibliothek heute hauptsächlich durch „googeln“. Das Internet eröffnet einem ja fast unbeschränkte Möglichkeiten – die Suche wird aber leider schwierig, wenn Stichworte wie Garten, Pflanzen oder Gärtner nicht im Buchtitel erscheinen. Einer meiner Favoriten in Sachen unterhaltsame Gartentitel ist Beverley Nichols (1898 – 1983), der es meisterhaft verstanden hat, biographische Gartenromane – gewürzt mit typisch englischem Humor – zu verfassen. Während bei Timber Press in den letzten Jahren seine Gartenbücher neu herausgegeben wurden, sind die deutschen Übersetzungen leider nur noch antiquarisch erhältlich. Der Leser darf keine genauen Pflanzanleitungen erwarten, der eine oder andere Tipp mutet vielleicht etwas seltsam an, und über sein Frauenbild kann man auch geteilter Meinung sein, amüsant sind seine Bücher aber auf jeden Fall. Wenn er etwa seine Mühen beschreibt, Alpenveilchen aus Samen zu ziehen oder sich während einem starken Erdbeben mit dem Gedanken tröstet, dass diese Erschütterungen zu herrlich gesunden Rissen in der neuen Staudenrabatte führen, kann dies jeder Gärtner nachvollziehen. 

Immer mal wieder neu aufgelegt wird das schmale Büchlein „Das Jahr des Gärtners“ des tschechischen Autors Karel Capek (1890 – 1938). Wie bereits der Titel verrät, ist es in monatliche Kapitel unterteilt. Lust und Frust eines Gärtnerlebens wurden mit Schalk und Wissen zu Papier gebracht. So erfahren wir beispielsweise, dass der Gärtner-Mensch ein Produkt der Kultur und keineswegs eine natürliche Entwicklung ist. Sonst würde er nach Ansicht Capeks nämlich ganz anders aussehen: er hätte Beine wie ein Käfer (um nicht hocken zu müssen) und Flügel – wegen der Schönheit und um über den Beeten schweben zu können. Richard Katz (1888 – 1968) ist ein weiterer Schriftsteller und Weltenbummler, der neben Reisebüchern seine Erfahrungen mit Pflanzen veröffentlicht hat. Der Titel „Übern Gartenhag“ beginnt mit dem Kapital „Wie der Garten wurde“, erzählt von „Blumen und Mode“ oder „Allerhand Gartenbüchern“. Der beschriebene Garten lag im Tessin mit Blick auf den Lago Maggiore. Berührend sind seine Notizen über Glyzinien. In der Nachbarschaft schäumten die Gärten von lila Blütenwellen über, während ihm sein Garten kümmerlich vorkam und er vor Neid fast platzte. Also wurden verschiedene Sorten eingepflanzt, und er schaffte extra ein Notizbuch an, um die Fortschritte im Wachstum festzuhalten. Nun, viel einzutragen gab es im ersten Jahr nicht. Nachdem er seine Glyzinien endlich zu kräftigem Wachstum gebracht hatte, übersiedelte er nach Südamerika. Als er nach vielen Jahren genau zur Zeit der Glyzinienblüte ins Tessin zurückkehrte, hatten eben diese Pflanzen seinen Garten unter sich aufgeteilt – bis in die Baumwipfel üppige lila Blüten. Monatelang war er damit beschäftigt, den Glyzinienüberfluss wieder auf ein erträgliches Maß einzudämmen. 

Eine schier unermessliche Fülle von Gartenwissen steckt im Gartenbrevier „Mein grünes Herz“ von Claudine, das erstmals 1964 erschienen ist. Praktische Anleitungen und Tipps werden durch Erfahrungen ergänzt und Geschichten aus der Pflanzenwelt komplettieren die perfekte Gartenlektüre. Weil sich im Buch ein Sachregister befindet, eignet es sich auch zum gelegentlichen Nachschlagen von Informationen. Über die Autorin habe ich leider weder auf dem Buchumschlag noch im Internet mehr erfahren. 

Vor einiger Zeit habe ich in einem Brockenhaus folgenden Titel entdeckt: Beglückender Garten von Claire Hofmann aus dem Jahr 1969. Gemäss Umschlagstext war die Autorin seinerzeit aus dem Fernsehen bekannt und schrieb auch Artikel für die Zeitschrift „Gartenschönheit“. Ein Kapitel widmet sie Empfehlungen von Gräsern, die ja auch heute wieder sehr aktuell sind. Besonders interessiert haben mich die Seiten über ihren Besuch bei Beverley Nichols (vgl. oben) in dessen dritten Garten Sudbrook-Cottage. 

Die Aufzählung könnte leicht erweitert werden um die Bücher von Ernst Heimeran (Grundstück gesucht) oder Eugen Skasa-Weiss (Heitere Botanik) und anderen mehr. Vielleicht hat der eine oder andere Leser Lust bekommen, sich an einem kalten Winterabend das eine oder andere Buch zu Gemüte zu führen oder hat selber Tipps zu Büchern in welchen Gärten oder Gärtner als Romanvorlage dienten oder die Hauptrolle spielen? Solche nehme ich jederzeit gerne entgegen …

PS: Im Brockenhaus steht noch ein weiteres Exemplar von Claire Hofmanns Buch im Regal. 

 

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2 thoughts on “Antiquarische Lieblingslektüre

  1. Ich wollte Dir "Das Jahr des Gärtners" empfehlen, aber ich sehe, Du hast es schon entdeckt.
    Ich bin durch Zufall darüber gestolpert und habe mich beim Lesen fast gekringelt vor Lachen.
    Sätze wie "Ein Gärtner im April ist ein Mensch, der mit welkenden Setzlingen in der Hand zwanzigmal den Garten umkreist, um ein Fleckchen Erde zu finden, wo noch nichts wächst" sind einfach herrlich treffend – und ich wette, ohne diesen altmodischen Stil wäre es nur halb so witzig.

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